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Bürgerblock - Burnacini, Giovanni (17/25)
Burgstaller, Ernst Burg-Vergein

Burgtheater


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Burgtheater: Blick vom Rathausturm.




Burgtheater, Bundestheater in Wien, von den Wienern kurz "die Burg" genannt, gehört zu den ältesten und traditionsreichsten Bühnen der Welt. Ein stetig ergänztes Ensemble von Schauspielern entwickelte in jahrelangem Zusammenspiel den spezifischen Burgtheaterstil, die Burgtheater-Sprache. Das Publikum des Burgtheaters war immer entscheidend in die Beurteilung eines Schauspielers miteingebunden.

Theatergebäude: 1741 gestattete Maria Theresia dem Theaterunternehmer Joseph Selliers, den an der Nordostecke der Hofburg angebauten Ballsaal zu einem Theater zu adaptieren. 1748 erfolgte die Eröffnung des neugestalteten "Theaters nächst der Burg". 1756 wurde die gegen den Michaelerplatz verschobene Bühnenrückwand des Theaters errichtet. Der Zuschauerraum des alten Burgtheaters war eine Holzkonstruktion mit intimer Bühnenwirkung und ausgezeichneter Akustik. Die Bindung des Burgtheaters an das Kaiserhaus war stets sehr eng; die Hofloge war von den kaiserlichen Gemächern direkt zu erreichen. Nachdem am 12. 10. 1888 die letzte Vorstellung in diesem Haus stattgefunden hatte, übersiedelte das Burgtheaterensemble in den von G. Semper und C. von Hasenauer errichteten Neubau an der Ringstraße. Dem neuen Burgtheater und seinem Repräsentationsanspruch widersetzten sich Publikum wie Schauspieler vor allem wegen der schlechten Akustik; 1897 erfolgte der entsprechende Umbau des Zuschauerraums. Nachdem 1919 schon das Schönbrunner Schlosstheater kurzfristig angegliedert worden war, wurde in der Spielzeit 1922/23 das Akademietheater als Kammerspielbühne angeschlossen. Am 12. 3. 1945 (Bombentreffer) und am 12. 4. 1945 (Brand aus unbekannter Ursache) wurde der Zuschauerraum des Burgtheaters weitgehend zerstört. Das Burgtheaterensemble fand im Varieté Ronacher eine provisorische Spielstätte. 1953-55 erfolgte der Wiederaufbau des Burgtheaters Die Neugestaltung des Zuschauerraums übernahm M. Engelhart, die der Bühne erfolgte nach Plänen von O. Niedermoser und dem technischen Direktor des Burgtheaters, S. Nordegg. Eröffnet wurde es am 15. 10. 1955.

Künstlerische Leitung und Verwaltung: 1741-52 war das Burgtheater verpachtet, dem Hof standen aber Logen zur Verfügung, und die Theaterunternehmer gestalteten Festvorstellungen für das Kaiserhaus. Die Pächter nützten das Burgtheater sowohl für die Oper als auch für das Sprechstück; als Bühnensprachen galten Italienisch und Französisch, deutsche Aufführungen waren seltener. 1752 unterstellte Maria Theresia das Theater der Hofverwaltung. Damals kamen die Reformopern von C. W. Gluck zur Uraufführung. Nach 1756 wurde das Burgtheater wieder verpachtet. Mehrere Unternehmer gingen finanziell zugrunde, ehe 1776 Joseph II. das Burgtheater zum "Nationaltheater nächst der Burg" erklärte und die Leitung einem Schauspieler-Regiekollegium, später dem Schauspieler J. F. H. Brockmann überantwortete; 1776 gilt allgemein als Gründungsjahr des Burgtheaters nach heutigem Verständnis. Unter der kaiserlichen Patronanz wurden die Schauspieler "Diener des Staates" (Hofbeamte) und erhielten nach ihrem Abgang Alterspensionen. Kostspielige Opern und Ballette kamen neben "wohlgeratenen" Übersetzungen und deutschsprachigen Originalwerken zur Aufführung. Verwaltung und Leitung des Burgtheaters wurde abermals Pächtern überlassen (1794-1817). Der Letzte dieser Pächter, Ferdinand Graf Pálffy, berief 1814 J. Schreyvogel (1814-32) als Theatersekretär ans Burgtheater, der nachhaltige Veränderungen durchführte: Der bewusste Aufbau eines Spielplans (Weimarer Klassiker ebenso wie Uraufführungen von Dramen F. Grillparzers), die Erweiterung des Ensembles sowie die Erarbeitung einer Bühnensprache waren seine größten Verdienste. - Unter H. Laube (1849-67) erreichte das Burgtheater seine führende Stellung im deutschsprachigen Raum. Sein umfangreiches Repertoire (164 Stücke)

setzte sich sowohl aus beispielgebenden Klassikeraufführungen als auch aus Konversationsstücken zusammen. - Lobte man Laube für seine Wortregie, so kommt seinem Nachfolger F. Dingelstedt (1870-81) das Verdienst der Bildregie (Schaugepränge in einem prunkvollen Inszenierungsstil) zu. Sein Repertoire umfasste 109 Stücke. - Unter der Direktion von M. Burckhard (1890-98) fanden die Zeitgenossen Einlass ins Burgtheater, darunter naturalistische Dramatiker (H. Ibsen, G. Hauptmann) ebenso wie A. Schnitzler. - Direktor P. Schlenther (1898-1910) setzte vermehrt österreichische Dramatiker, unter anderem F. Raimund und J. Nestroy, auf den Spielplan. - Unter der Direktion A. Bergers (1910-12), der als krasser Gegner des Naturalismus psychologisch-moderne Akzente setzte, zeichnete sich eine Wandlung des Darstellungsstils durch die Rollengestaltungen von Stars wie F. Mitterwurzer und J. Kainz ab. - Direktor A. Heine (1918-21) versuchte vergebens, M. Reinhardt und sein Ensemble ans Burgtheater zu binden. - Zweimal (1921-22 und 1930-31) war der Dichter A. Wildgans Direktor des Burgtheaters - Direktor H. Röbbeling (1932-38) gliederte seine Inszenierungen in Zyklen, um einen Welttheaterspielplan (österreichische Dramatiker im Gleichgewicht mit den Dramatikern der übrigen Nationen) zu realisieren. M. Eis und F. Liewehr waren seine wichtigsten Ensembleergänzungen. - Direktor L. Müthel (1939-45), dem der seit vielen Jahren am Burgtheater tätige Dramaturg Erhard Buschbeck zur Seite stand, bemühte sich um einen klassischen Spielplan jenseits der nationalsozialistischen Tagesparolen. - Direktor des Burgtheaters im Asylquartier Ronacher waren der Schauspieler R. Aslan (1945-48), E. Buschbeck (provisorischer Leiter März bis Oktober 1948) und J. Gielen (1948-54). In A. Rotts Direktionszeit (1954-59) fiel die Wiedereröffnung des Hauses am Ring. Er wusste die damals hochmoderne Bühnentechnik perfekt für turbulente Inszenierungen einzusetzen. Der neue Spielplan des Burgtheaters enthielt die von den Nationalsozialisten verbotenen Schriftsteller ebenso wie den jungen österreichischen Dramatiker F. Hochwälder und die Klassiker. - E. Haeusserman (1959-68) verpflichtete bedeutende Regisseure ans Burgtheater und profilierte den Spielplan durch die Gliederung in Zyklen. 60 Neuengagements zur Generationsablöse ermöglichten auch die Welttournee des Burgtheaters (1968). - Der Schauspieler-Direktor P. Hoffmann (1968-71) gewann H. Reincke und K. Wussow für das Ensemble. - G. Klingenberg (1971-76) versuchte, das Burgtheater mehr für das zeitgenössische Theater zu öffnen. - A. Benning, der erste Ensemblevertreter des Burgtheaters (1971), bekannte sich während seiner Direktionszeit (1976-86) zum Repertoiretheater (zirka 50 Stücke pro Spielzeit) und nahm Rücksicht auf den Publikumsgeschmack. - Sein Nachfolger C. Peymann (1986-99) konnte durch Änderung des Abonnementsystems und Neustaffelung der Eintrittspreise neue, jüngere Publikumsschichten für das Burgtheater gewinnen; seine Modernisierung des Spielplans und des Inszenierungsstils stieß beim traditionellen Burgtheater-Publikum auf weitgehende Ablehnung. 1993 konnte die von G. Peichl entworfene Probebühne des Burgtheaters im Arsenal eröffnet werden. Auf Peymann folgte 1999 K. Bachler als Direktor des Burgtheaters Seit der Umwandlung der österreichischen Bundestheater in eine Holding 1999 hat das Burgtheater die Betriebsform einer Ges. m. b. H.

Burgtheater-Galerie: Sammlung von Künstlerporträts, die im Laufe von 2 Jahrhunderten eine "Ehrengalerie" gebildet haben.

Burgtheater-Ring (der Concordia): Ein von Jakob Lippowitz, dem Herausgeber des Neuen Wiener Journals, gestifteter Ring, der 1926-34 jährlich verliehen wurde, abwechselnd an ein Mitglied des Burgtheaters (für besondere Verdienste) und an einen Dramatiker.

Doyenne, Doyen des Burgtheaters zu sein, bedeutet, der Bühne lebenslänglich verbunden zu bleiben, unter Verzicht des Dienstgebers, die Geehrte bzw. den Geehrten in den Ruhestand zu versetzen, sowie eine den Burgtheater-Gepflogenheiten entsprechende Bestattung.

Der Ehrenring des Burgtheaters wird seit 1. 10. 1955 in unregelmäßigen Abständen von der Kollegenschaft des Burgtheaters nach Vorschlag des Betriebsrats an Mitglieder des Burgtheaters verliehen, die sich der allgemeinen kollegialen, menschlichen und künstlerischen Wertschätzung des Ensembles erfreuen.

Ensemblevertreter: 1971 traten die Richtlinien für eine Ensemblevertretung des Burgtheaters in Kraft, ein Mitspracherecht des Ensembles zu Reformvorschlägen bei Besetzungen und Spielplangestaltung.

Vorhangverbot: Nach einem fast 200 Jahre lang vollzogenen, ungeschriebenen Gesetz, das auf eine polizeiliche Theaterordnung vom 19. 8. 1798 zurückging, durften einem Hervorruf vor den Vorhang nur Gäste, nicht Ensemblemitglieder folgen; es wurde 1979 aufgehoben.


Literatur: M. Dietrich, Das Burgtheater und sein Publikum, Band 1, 1976; Burgtheater 1776-1976. Aufführungen und Besetzungen, 2 Bände, 1979; R. Urbach und A. Benning, Burgtheater 1776-1986, 1986; F. Hadamowsky, Wien. Theatergeschichte. Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, 1988; E. Großegger, Das Burgtheater und sein Publikum, Band 2: Pächter und Publikum (1794-1817), 1989; H. Beil (Hg.), Weltkomödie Österreich. 13 Jahre Burgtheater, 1986-1999, 1999.


 
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