Hinweis: Das ist ein alter - nicht mehr gewarteter - Artikel des AEIOU. Im Austria-Forum finden Sie eine aktuelle Version dieses Artikels im neuen AEIOU.
LandwirtschaftLandwirtschaft: Aufgabe der Landwirtschaft ist die Produktion von Nahrung, Futter, nachwachsenden Rohstoffen und die Erhaltung der Kulturlandschaft (Landschaftspflege). Vor rund 150 Jahren war Österreich noch ein Agrarland, in dem 75 % der Bevölkerung dem Bauernstand (Bauern) angehörten; 1961 waren es nur noch rund 16 %. 1992 stellte die Landwirtschaft 5 % der Wohnbevölkerung und 6,9 % der Berufstätigen. Die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe ging 1970-93 um über 70.000 auf 267.444 zurück. Davon sind 149.860 Nebenerwerbsbetriebe (oder 56,2 %, Österreich liegt damit im europäischen Spitzenfeld), bei denen einer oder beide Partner des Betriebsführerehepaars einem anderen Hauptberuf nachgehen; die Bewirtschaftung in der Freizeit und im Urlaub erfolgt daher nicht immer optimal. Der Anteil der Land- und Forstwirtschaft am Bruttonationalprodukt sank von 16,4 % (1954) auf 9,7 % (1963) und 2,4 % (1993). 1992 stammten 31,4 % der Bruttoproduktion der Landwirtschaft aus der Pflanzen- und 68,6 % aus der Tierproduktion. Um die steigenden Nahrungsansprüche zu befriedigen und den laufenden Verlust an landwirtschaftlicher Produktionsfläche (durch Straßen-, Wohnhaus- und Industrieanlagenbau gehen täglich zirka 38 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche verloren) auszugleichen, musste sowohl die Flächenproduktivität (durchschnittlich 2,5 % pro Jahr) als auch die Arbeitsproduktivität stark zunehmen. Die Steigerung erfolgte durch Meliorationen (Grundstückszusammenlegungen, Drainagen, Bau von Güterwegen, Seilbahnen usw.), durch Mineraldünger, durch wirksamere Schädlingsbekämpfung und durch den Einsatz hochertragreicher Sorten. Weiters wurde verbessertes Saatgut verwendet und die Fruchtfolge optimiert, die Fütterungs- und Arbeitsmethoden modernisiert und die termingerechte und exakte Bodenbearbeitung forciert. Der Einsatz von Mineraldünger ist jedoch rückläufig, der Verbrauch an Stickstoff, Phosphor und Kali, angegeben in der Summe der Reinnährstoffe, sank von 140 kg/ha landwirtschaftlicher Nutzfläche 1982 auf 117 kg 1992. Eine wesentliche Produktionssteigerung brachte die stetige Mechanisierung: 1930 gab es in der Landwirtschaft 720 Traktoren, 1939 waren es 1641; 1957 schon 78.748 und 1993 schließlich 342.816; 1952 existierten 900 Mähdrescher, 1993 19.470; über 64.000 Betriebe sind zur besseren Auslastung ihres Maschinenparks in Maschinenringen organisiert. 1955 produzierte die Landwirtschaft bereits doppelt soviel wie 1937. 1993 wurden rund 81 % (fiktiv 95 %) des österreichischen Nahrungsmittelbedarfs durch die heimische Landwirtschaft gedeckt (100 % Milch, Butter, Käse, Brotgetreide, Rindfleisch, Kalbfleisch, Schweinefleisch, Schmalz, Erdäpfel und Zucker; 70 % Gemüse, 41 % Obst, 83 % Geflügel, 88 % Eier, 58 % pflanzliche Öle). 1993 wurden landwirtschaftliche Produkte um 34,4 Milliarden Schilling eingeführt und um 17,1 Milliarden Schilling ausgeführt. Die bedeutendsten Einfuhren betrafen Obst und Gemüse mit 32,0 %, Kaffee, Tee, Schokolade usw. mit 12,3 %, tierische und pflanzliche Rohstoffe mit 9,7 % und Futtermittel mit nur 5,9 %; 60,1 % stammten aus der EU. Wichtigste Exporte: lebende Tiere und Fleisch 17,1 %, Getränke 12,3 %, Milchprodukte und Eier 12,2 %, Getreide und deren Verarbeitungsprodukte 12,1 %; die EU war mit 49,2 % wichtigster Absatzmarkt. An Bundesförderung gingen 1993 insgesamt 13,1 Milliarden Schilling an die Landwirtschaft, davon 1,05 Milliarden Schilling für die Bergbauern. Direktförderungen und Ausgleichszahlungen verändern sich laufend. Produktionsgebiete: Aufgrund der Bodengestaltung (2,6 % Tiefland, 5,8 % Niederung, 18,4 % Hügelland, 16,3 % Bergland, 16,9 % hohes Mittelgebirge, 40,0 % Hochgebirge) und der klimatischen Verhältnisse wurde Österreich in 8 Produktionsgebiete eingeteilt: Hochalpen (34,8 %), Voralpengebiet (11,1 %), Alpenostrand (12,9 %), Wald- und Mühlviertel (9,6 %), Kärntner Becken (2,9 %), Alpenvorland (11,4 %), südöstliches (7,0 %) und nordöstliches Flach- und Hügelland (10,3 %). Von der Gesamtwirtschaftsfläche 2002 von 8,273.000 ha wurden 3,389.905 ha landwirtschaftlich genutzt: Auf Ackerland entfallen 18,3 %, auf Gärten, Obst- und Weingärten 0,95 %, auf Wiesen, Weiden und alpines Grünland 25,5 %, auf forstwirtschaftlich genutzte Flächen 43,5 % und auf unproduktive Flächen 11,7 %. Von den ( im Jahr 2005) 1,405.234 ha Ackerland stehen pro Kopf der Bevölkerung rund 0,18 ha zur Verfügung. Die Nutzung ergibt folgende Anteile: Futtergetreide 35,9 %, Brotgetreide 23,0 %, Grünfutterpflanzen 18,1 %, Hülsenfrüchte 7,8 %, Ölfrüchte 7,2 %, Hackfrüchte 6,2 % und sonstige Kulturarten 1,8 %. Betriebsgrößen: Die durchschnittliche Betriebsgröße der 267.444 Betriebe beträgt für den einzelnen Betrieb 12,7 ha, in der EU (1993) sind es 13,3 ha. In der Bewirtschaftungsform gibt es alle Übergänge von tierhaltenden Grünlandbetrieben über gemischte Betriebe bis hin zu reinen Ackerbau-, Obst- oder Weinbaubetrieben. Die landwirtschaftlichen Arbeiten werden großteils von den bäuerlichen Familien selbst durchgeführt. 1951 stellten Betriebsbesitzer und ihre Familienangehörigen fast 4 Fünftel der 1,6 Millionen landwirtschaftlich Berufstätigen (im Durchschnitt 60-65 Wochenstunden Arbeitszeit). Das Verhältnis von familieneigenen zu Fremdarbeitskräften änderte sich drastisch, von 760.000 : 115.000 (1964) auf 436.000 : 40.100 (1993). Zur Steuerung der landwirtschaftlichen Produktion gibt es schon seit längerem Kontingente bzw. Lieferrechte wie zum Beispiel bei Zuckerrüben, Qualitätsweizen und Milch. Als Mitglied der EU stehen Österreich fixe Quoten für Anbauflächen oder Produkte zu, die für Getreide, Milch, Rinder und Schafe ausreichend, für Zucker aber sehr einschränkend bemessen sind. In der Landwirtschaft hat eine Regionalisierung und damit eine Spezialisierung stattgefunden. Aus Kostengründen (teure Spezialmaschinen oder Stalltechnik) konzentrieren sich die Betriebe zum Beispiel auf den Anbau einer einzigen Hackfrucht, wie Mais, Erdäpfel, Zuckerrüben, oder bevorzugen reine "Mähdrescherfruchtfolgen" (Getreide-Anbau, Raps, Sonnenblume, Sojabohne usw.). Frühkartoffel- und Gemüse-Produktion findet man rund um die Städte. Auch im Obstbau gibt es regionale Anbauzentren. Spezialkulturen sind zum Beispiel der Tabakanbau, der Hopfenanbau und der Weinbau. Nach besonderen Richtlinien wirtschaftet die biologische Landwirtschaft. Viehwirtschaft: Die Rinderzucht basiert vor allem auf Grünland- und Ackerfutter (Silage), während andere Tierhaltungsformen von Anbauflächen unabhängiger sind. 2005 gab es 2,010.700 Rinder (1938: 2,578.804), davon 804.900 Milchkühe mit einer durchschnittlichen Leistung von 5600 kg während ihrer 305 Tage dauernden Laktationsperiode; die Jahresproduktion beträgt 3,135.852 t Kuhmilch, wovon 315.000 t verfüttert werden (Milchwirtschaft). Die Anzahl der Rinder pro Betrieb liegt im Durchschnitt bei 16 Stück. - Die Schweinehaltung ist vor allem auf Einfuhr von Eiweißfuttermitteln angewiesen: 2005 gab es 3,169.500 Schweine (1937: 2,868.148). Im Durchschnitt kommen 25 Schweine auf jeden Betrieb. - Stark schwankend sind die Zahlen für die Schafzucht (1938: 315.342, 1964: 147.339, 2005: 325.700,). Die Ziegenzucht ist stark rückläufig (1938: 349.007, 1964: 110.516, 2005: 55.100). Angestiegen ist dagegen die Hühnerhaltung von 10,625.940 (1964) auf 13,539.700 (1999); die Zahl der Truthühner betrug 1993 794.000. - Pferde waren vor dem Beginn der Motorisierung wichtige Arbeitstiere (1938: 246.555), nach einem starken Rückgang ist die Stückzahl durch den vermehrten Einsatz der Pferde im Freizeitsport wieder steigend (1995: 72.491). Die Pferdezucht wird durch staatliche Zuchtanstalten, wie zum Beispiel die Hengstenstation in Stadl Paura, gefördert. - Neben der Produktion von Honig, Wachs, Pollen und Gelee Royale sind die 411.082 (1993) Bienenvölker (1937: 455.752) wichtig für die Bestäubung von Obstbäumen und Ackerkulturen wie Raps und Sonnenblume (Bienenzucht). Die moderne Agrargeschichte beginnt in Österreich um die Mitte des 19. Jahrhunderts; dabei kam der Entwicklung des land- und forstwirtschaftlichen Schulwesens besondere Bedeutung zu. 1872 wurde die Hochschule für Bodenkultur in Wien gegründet. Ende des 19. Jahrhunderts begann die Mechanisierung der Landwirtschaft. 1906 erfolgte die Gründung der Maschinenprüfstation für landwirtschaftliche Maschinen und Geräte an der Versuchsstation der Hochschule für Bodenkultur, die 1946 als Bundesversuchs- und Prüfanstalt für landwirtschaftliche Maschinen nach Wieselburg (Niederösterreich) übersiedelte. 1798 errichtete A. Burg in Wien die erste Ackerwerkzeugfabrik, 1813 folgte in Vösendorf die von P. Jordan. 1818 wurden in Waldegg die ersten eisernen Pflüge hergestellt, 1822 fand in Wien die erste Ausstellung landwirtschaftlicher Maschinen statt. Ab 1857 bauten Clayton und Shuttleworth Dampfdreschmaschinen und Hofherr-Schrantz seit 1869 Mähmaschinen in Wien. Um 1880 wurden die ersten Landeskulturräte und Bezirksgenossenschaften eingerichtet (landwirtschaftliche Genossenschaften), aus denen 1922 die Landwirtschaftskammern ("Bauernkammern") hervorgingen. Die Agrarmarkt Austria (AMA) übernahm Ende 1993 die Rolle von Milchwirtschaftsfonds, Getreideausgleichsfonds und Viehverkehrsfonds. 1875 wurde das Gesetz gegen die Verbreitung der Reblaus erlassen, 1880 ein Tierseuchengesetz, 1881 entstand die Samenkontrollstation in Wien; weitere wichtige Gesetze waren 1883 das Kommassationsgesetz (Zusammenlegung von landwirtschaftlichen Grundstücken) und das Bereinigungsgesetz des Waldlands von fremden Enklaven, 1884 das Meliorations- und Wildbachverbauungsgesetz sowie 1885 das Fischereigesetz. 1889 folgte ein einheitliches Rahmengesetz für das Höferecht, zu dem aber nur Kärnten und Tirol entsprechende Landesgesetze (Anerbenrecht) erließen. Inspektoren überwachen die Einhaltung des Weinbaugesetzes.
Literatur: L. Löhr, Faustzahlen für den Landwirt, 1990; Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft (Hg.), Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft, 1993; Österreichisches Statistisches Zentralamt (Hg.), Ergebnisse der Landwirtschaftsstatistik im Jahre 1993, 1994.
|