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Tirol© Copyright Wappen Tirols. Tirol: Fläche: 12.647,71 km2; Einwohner: 673.504 (2001); Bevölkerungsdichte: 53 pro km2; Hauptstadt: Innsbruck; Gebäude: 165.820; 1 Statutarstadt, 8 Verwaltungsbezirke, 13 Gerichtsbezirke; 279 Gemeinden (davon 11 Städte und 19 Marktgemeinden); Oberlandesgericht in Innsbruck. Lage: Das Bundesland Tirol, das seinen Namen vom Stammschloss der Grafen von Tirol bei Meran herleitet, grenzt im Osten an Salzburg und Kärnten, im Süden an Südtirol (Italien), im Westen an die Schweiz (Graubünden) und Vorarlberg und im Norden an Deutschland (Bayern); es besteht seit dem Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye (1919) aus den Landesteilen Nordtirol (10.627,84 km2, 623.100 Einwohner) und Osttirol (2019,87 km2, 50.404 Einwohner), die durch das an Italien abgetretene Südtirol (Provinz Bozen) voneinander getrennt wurden, verbunden durch den Korridorverkehr Innsbruck- Franzensfeste- Lienz, der mit Italien im Pariser Abkommen 1946 festgelegt wurde. Eine Besonderheit stellte bis zum EU-Beitritt 1995 das im Nordwesten von Tirol gelegene, von bayerischem Gebiet umgebene österreichische Zollausschlussgebiet Jungholz dar. Landschaft: Landschaftlich wird Tirol am besten durch seinen frühmittelalterlichen Namen "Land im Gebirge" als ein inneralpines Passland charakterisiert. Seine politisch-geographische Bedeutung lag seit je in der Beherrschung der niedrigsten und bequemsten Ostalpenpässe Brennerpass (1370 m) und Reschenpass (1504 m), die Mitteleuropa mit dem Mittelmeerraum verbinden. Dazu kam die Brückenlage zwischen den östlichen und westlichen Erbländern der Habsburger. Nordtirol hat einen Hauptanteil an der nördlichen Längstalfurche des Inn zwischen Nord- und Zentralalpen. Zwischen den wald-, wild- und almenreichen, nur wenig besiedelten und bis über 3000 m hohen Kalkketten und -stöcken der Lechtaler Alpen, des Mieminger, des Karwendel-, des Rofan- und des Kaisergebirges führen mit Fernpass (1216 m), Seefelder Sattel (1185 m) und Achenpass (940 m) 3 bedeutende Übergänge aus dem Inntal in das süddeutsche Alpenvorland hinab. Jenseits des Fernpasses liegt das Außerfern mit dem Tiroler Lechtal. Dem Inntal folgen von Kufstein aufwärts die Hauptbahnlinien und die Straßenzüge zum Brenner und zum Arlberg (1793 m). Im Süden bilden die weit über 3000 m hohen Gebirgsstöcke der Silvretta, der Ötztaler, der Stubaier und der Zillertaler Alpen den Zug der Zentralalpen (Gneis, Schiefer). Sie sind massiger und höher als die Nördlichen Kalkalpen und reich an Gletschern, Wäldern und Almen. Dazwischen liegen die in der Eiszeit geformten, anbaufähigen und dichter besiedelten großen Nebentäler: das oberste Inn-, das Ötz-, das Wipp-, das Zillertal und das Tal der Kitzbüheler Ache. Der Achensee ist der größte und mit 133 m tiefste See, der Gepatschferner der größte Gletscher von Tirol und der zweitgrößte (17 km2) und längste Gletscher (9,2 km) der Ostalpen. Im südlich des Alpenhauptkamms gelegenen Osttirol, dem Anteil am oberen Drautal mit dem trogartigen Iseltal und dem Lienzer Becken, ist die landschaftliche Abfolge umgekehrt; im Norden bilden die firnbedeckten Eisriesen der Hohen Tauern (Gneis, kristalline Schiefer) mit der Venedigergruppe und mit dem Großglockner (3798 m) eine natürliche Grenze gegen Salzburg Ihnen sind die niedrigeren, weiten Formen der wald- und almenreichen Schieferberge der Defereggen- und der Schobergruppe vorgelagert. Im Süden des Drautals und des fruchtbaren Lienzer Beckens ragen die kahlen Grate und Zinnen der Lienzer Dolomiten und die Schieferzone der Karnischen Alpen empor. Klima: Durch seine Lage nördlich der Zentralalpen, der Scheide zwischen Mitteleuropa und Mittelmeerraum, hat Nordtirol Anteil am gemäßigten Klima Mitteleuropas. Die Nördlichen Kalkalpen sind niederschlagsreich und kühl. Das Inntal und seine größeren Nebentäler haben alpines Hochgebirgsklima, das durch geringere Niederschlagsmengen (im Windschatten der Nordalpen), durch wärmebringende Föhnwinde (Föhn) aus dem Süden und gelegentlich Inversion im Winter gekennzeichnet ist. Dagegen weist Osttirol lange und kältere Winter, aber wärmere Sommer und größere Niederschlagsmengen auf. Bevölkerung: Mit 8,4 % der Bevölkerung Österreichs ist Tirol das fünftgrößte Bundesland. Zwischen 1991 und 2001 verzeichnete Tirol mit 6,7 % den zweithöchsten Bevölkerungszuwachs aller Bundesländer (nach Salzburg), 1991-2001 nahm die Einwohnerzahl um rund 42.000 Personen zu, Tirol besitzt bundesweit nach Vorarlberg den zweithöchsten Kinderanteil an der Gesamtbevölkerung (18,3 %, Gesamtösterreich 16,8 %). Die meisten Einwohner Tirols entfallen auf den politischen Bezirk Innsbruck-Land (154.940 Personen oder 23,0 %). Die wenigsten Einwohner zählen die Bezirke Landeck (42.799) und Reutte (31.584). Tirol hat mit 83,4 % den höchsten Katholikenanteil aller Bundesländer (österreichischer Durchschnitt 73,6 %), rund 16.000 Personen oder 2,4 % sind evangelisch; zum Islam bekennen sich 27.117 Personen (4,0 %), zu anderen Religionsgemeinschaften 16.471 Personen (2,4 %, vor allem zu ost- und südosteuropäischen orthodoxen Kirchen); rund 5,2 % der Tiroler sind ohne Religionsbekenntnis. Tiroler Volkskultur und Mundart weisen aufgrund der vielschichtigen Migrationsgeschichte und als Folge der Abgeschlossenheit der Talschaften eine große Vielfalt auf. Die bestimmende Hofform in Tirol ist der Einhof, der in 2 Subtypen und vielfältigen Übergangsformen zu finden ist. Im mittleren ("Mittertennhof") und unteren Inntal ("Unterländer Einhof") besteht das größte und geschlossenste Einhofgebiet Österreichs. Der Einhof dominiert ferner im oberen Inntal bis um Landeck, im Außerfern, in den unteren Abschnitten der Seitentäler und im Kitzbüheler Raum. Zwiehofformen überwiegen in Osttirol sowie im westlichsten Tirol (Bezirk Landeck), wo sie durch den rätoromanischen Einfluss stark abgewandelt sind. Bezieht man über den Gehöftegrundriss hinaus auch die Unterschiede in Bezug auf Wohnhausgrundriss, Baumaterial und Erbsitte mit ein, ergibt sich im Inntal eine Zweiteilung in einen westlichen und einen östlichen Bereich, die Grenze liegt etwa bei der Einmündung des Zillertals in das Inntal: Für den westlichen Bereich ist die Steinbauweise mit Erkerbildung vorherrschend, weiter ostwärts überwiegen zumindest bis zum Giebelgeschoß gemauerte Wohnhäuser mit Seitenflurgrundriss und aufgrund der Realteilung relativ kleine Betriebe; für den östlichen Bereich samt Osttirol sind reine, allenfalls im Erdgeschoß gemauerte, von Hochlauben umzogene Holzblockbauten mit Küche und Stube trennender Mittelfluranlage sowie die Anerbensitte und dementsprechend großbäuerliche Betriebe charakteristisch. Landwirtschaft: Tirol war ursprünglich ein Bauernland, heute spielen Gewerbe und Industrie, Fremdenverkehr, Energiewirtschaft und Handel eine wichtige Rolle. Die Land- und Forstwirtschaft ist durch den hohen Anteil an Ödland (26,6 %), durch die großen Flächen an Wald (36,5 %) und Grünland (35,5 %, Almwirtschaft) sowie den bescheidenen Anteil an Ackerland (1,0 %) bestimmt. 1999 befanden sich von den insgesamt 12.188 Bergbauernbetrieben in Tirol 21 % in der 2., 36 % in der 3. und 23 % in der 4. Erschwerniszone. An Rinderrassen ist das Braun- und Fleckvieh am verbreitetsten. Wirtschaft: Der Beitrag der Industrie zur Bruttowertschöpfung und zum Bruttoinlandsprodukt ist höher als jener des Handels oder des Fremdenverkehrs. 2001 wurden mehr als 78,4 Milliarden Schilling Produktionswert von 438 Industriebetrieben mit 36.721 Beschäftigten erwirtschaftet. Den größten Anteil an dieser Produktionssumme haben die Glas- und die chemische Industrie mit 35 %; der Eisen und Metallsektor nimmt einen Anteil von 27,0 % ein, die Holzindustrie 9 % und die Elektor- und Elektronikindustrie 7 %. In den letzten 3 Jahrzehnten kam es zu beachtlichen Strukturveränderungen: Während der Metallbereich mit der Elektroindustrie in ihrem Produktionsanteil etwa stabil geblieben ist, konnte die Steigerung des Produktionswerts in der Glas- und in der chemischen Industrie weiter fortgesetzt werden (2001: 35 %). Demgegenüber gingen die Textil- und Bekleidungsindustrie auf knapp 4 % zurück, ebenso die Nahrungs- und Genussmittelindustrie (6 %). Der Export konnte in den letzten Jahren weiter gesteigert werden und lag 2001 bei einem Anteil von rd. 68 % des Produktionswertes. Knapp zwei Drittel davon gehen in EU-Länder. Die wichtigsten Produktionsorte für die Metallwarenindustrie sind Absam, Telfs, Fulpmes und Kufstein. Die Maschinen- und Stahlbauindustrie konzentriert sich in Jenbach, Telfs, Kufstein und Lechaschau, die Jenbacher AG gehört zu den größten Erzeugerbetrieben in Tirol (Lokomotiven, Waggons, Motoren und Aggregate). Führende Unternehmen der Fahrzeugindustrie sind in Zell am Ziller (Rasenmäher) und Kundl (Traktoren), Elektroindustrie gibt es in Lienz, Heinfels, Schwaz, Innsbruck, Matrei und Kufstein. Digitale Datenträger (CDs und DVDs) werden in Elbigenalp produziert. Der größte Gießereibetrieb Österreichs, die Tiroler Röhren- und Metallwerke AG, befindet sich in Hall in Tirol. Führende Unternehmen der Nichteisen-Metallindustrie befinden sich in Reutte (Plansee-Gruppe, Ceratizid Austria AG) und Brixlegg (Montanwerke). In Kundl, Fieberbrunn, Erpfendorf, Schwaz und Kufstein ist chemische Industrie ansässig; die Firma Biochemie GmbH in Kundl ist der größte Hersteller von Antibiotika-Wirkstoffen in Österreich. Die wichtigsten Firmen der Nahrungs- und Genussmittelindustrie befinden sich in Innsbruck, Oberhofen und Stans. Aus dem Bereich der Papier- und Papier verarbeitenden Industrie sowie der Holzindustrie sind die Papierfabrik Wattens GmbH (einer der weltgrößten Erzeuger von Zigarettenpapier) und der größte Spanplattenerzeuger in Mitteleuropa, die Firma Fritz Egger GmbH in St. Johann in Tirol zu nennen sowie Holzindustrieunternehmen in Imst, Fügen und Kufstein. Das größte Industrieunternehmen Tirols ist Swarovski & Co. (Glasindustrie) mit den Tyrolit-Schleifmittelwerken in Schwaz, der Glasschleiferei in Wattens und der Optikfabrik in Absam. Trinkgläser werden von Riedel Glas in Kufstein produziert. Bedeutende Standorte der Textil- und Bekleidungsindustrie sind Brixlegg, Vomp, Kufstein, Kitzbühel und Matrei am Brenner. An Bodenschätzen liefert das Land Magnesit (Fieberbrunn), Ölschiefer (Karwendelgebirge), Kupfer (Brixlegg), Kalk (Inntal) und Zement (Kirchbichl, Vils und Eiberg). Das hohe Wasserkraftpotential wurde schon früh genutzt und führte zum Bau zahlreicher Kraftwerke aller Größen; als Betreiber treten heute vor allem die Landesgesellschaft TIWAG (46 Kraftwerke mit 1517 MW-Gesamtleistung 2002), die Verbundgesellschaft (8 Kraftwerke im Zillertal mit 1056 MW 2003, ehem. Tauernkraftwerke AG) und viele kommunale und private Unternehmen auf. Die Gesamtleistung aller Tiroler Kraftwerke (rund 320) betrug 2001 2850 MW. Die größten Anlagen sind die Speicherkraftwerke Sellrain-Silz (781 MW, Werksgruppe mit den Kraftwerken Kühtai und Silz) und Kaunertal (392 MW) der TIWAG sowie Mayrhofen (345 MW) der Verbundgesellschaft und die Pumpspeicherwerke Häusling (360 MW) und Roßhag (231 MW) der Verbundgesellschaft. Fremdenverkehr: Der Fremdenverkehr spielt in fast allen Orten eine wichtige Rolle und weist österreichweit die mit Abstand höchsten Nächtigungszahlen auf (2000 zirka 40,1 Millionen Übernachtungen, Salzburg an 2. Stelle verzeichnete 20,9 Millionen Übernachtungen). Die meisten Nächtigungen wurden in Sölden registriert (2000: 2,115.320 Übernachtungen), gefolgt von Mayrhofen (1,292.051), Innsbruck (1,196.944), Seefeld (1,144.915), Ischgl (1,100.809) und Neustift im Stubaital (1,083.263). Weitere wichtige Fremdenverkehrszentren sind St. Anton, Eben, Kitzbühel und Wildschönau. Tirol verfügt neben den Beherbergungsbetrieben auch über ein großes Angebot an Privatquartieren. 5 Gletscherregionen, im Kauner-, Pitz-, Ötz-, Stubai- und Zillertal, machen das Skifahren das ganze Jahr über möglich, weite Teile Osttirols sind Teil des Nationalparks Hohe Tauern. Tirol hat ein gut ausgebautes Wanderwegenetz, das rund 3500 km Höhenwanderwege und 1500 km alpine Bergwege umfasst. Verkehr: Tirol ist das Transitland schlechthin für den Nord-Süd-Verkehr über die Alpen (Brennerautobahn A 13 mit der Europabrücke durch das Wipptal) und den West-Ost-Verkehr durch das Inntal (Inntalautobahn A 12). Brenner- und Inntalautobahn haben im Güterverkehr den größten Teil des gesamten Nord-Süd-Transitaufkommens zu bewältigen: 75-80 % des Straßengütertransits durch Österreich konzentrieren sich auf den Brennerübergang (2001: 1,39 Millionen Lkw) und stellen für Umwelt, Bevölkerung und Straßen eine außerordentliche Belastung dar. A 12 und A 13 bilden auch eine Achse für den europäischen Tourismusverkehr. Der Korridorverkehr zwischen Salzburg und Tirol führt schwerpunktmäßig über das so genannte "kleine deutsche Eck", der Verkehr nach Osttirol führt von Innsbruck aus durch Südtirol. Die Felbertauernstraße verbindet Nordtirol (Kitzbühel) über den Pinzgau (Mittersill) mit Osttirol (Matrei, Lienz). Der Fremdenverkehr wird durch viele Bergbahnen, Ski- und Sessellifte und den Flughafen Innsbruck-Kranebitten gefördert. Kunst, Kultur: Die Tiroler Baukunst ist, abgesehen von einigen Adelssitzen und den Hof- und Palastbauten in Innsbruck, vor allem im kirchlichen Bereich bedeutend. Wertvolle Denkmäler aus vorromanischer Zeit (St. Prokulus in Naturns, St. Benedikt in Mals) und die Hauptbauwerke der Romanik (Schloss Tirol, Burgen Hocheppan und Sonnenburg, Stiftskirche Innichen) befinden sich in Südtirol. In Nordtirol wurden die großen Kloster- und Stadtkirchen in St. Georgenberg-Fiecht, Wilten, Stams und Innsbruck barock umgestaltet. Eine Blüte der Tiroler Kunst brachte die Spätgotik zunächst in Südtirol (Pfarrkirchen in Bozen und Meran, profan-höfische Wandgemälde in Runkelstein und Lichtenberg), verhältnismäßig rein erhaltene gotische Kirchen in Nordtirol stehen in Schwaz, Imst, Landeck, Hall in Tirol und Kitzbühel sowie bei Kundl (St. Leonhard). Ihr mittelalterliches Stadtbild konnten Kitzbühel, Rattenberg, Schwaz und Hall in Tirol zum Großteil erhalten. Der bedeutendste Künstler Tirols im späten 15. Jahrhundert war M. Pacher. Die Italiennähe Tirols wirkte sich an Bauten der Renaissance aus: Goldenes Dachl und Hofkirche in Innsbruck; Schlösser Ambras und Tratzberg. Anfang des 16. Jahrhunderts erfuhr Innsbruck als Residenzstadt eine besondere Förderung durch Kaiser Maximilian I. (unter anderem hervorragende Plattnerkunst, K. Seusenhofer). Hauptdenkmäler des Barock sind die Karlskirche in Volders, die Servitenkirche in Rattenberg und die Hofburg in Innsbruck; Rokokobauwerke sind die Basilika in Wilten und die Pfarrkirche in Götzens. Wichtig für die barocke Architektur vor allem in Innsbruck war die Baumeisterfamilie Gumpp. Tiroler Barockmaler, wie P. Troger, A. Zoller, J. J. und F. A. Zeiller, M. Knoller, Josef Schöpf und die Brüder Unterberger, wirkten weit über das Land hinaus. Führende Klassizisten waren der vor allem in Wien tätige Bildhauer F. A. von Zauner und der herausragende Landschaftsmaler J. A. Koch (in Rom); ein bedeutender Genremaler des 19. Jahrhunderts war F. Defregger, aus dessen Schule A. Egger-Lienz hervorging. Heute zählt der Verein "Tiroler Künstlerschaft" rund 380 Mitglieder. Die wichtigsten Architekten des 20. Jahrhunderts waren L. Welzenbacher und C. Holzmeister, in der bildenden Kunst setzten M. Weiler und P. Flora bedeutende Akzente. Seit 1952 findet in Innsbruck im Abstand von 2 Jahren der Österreichische Graphikwettbewerb statt. Eine reichhaltige Volkskunst ergänzt die Kultur von Tirol: Holzschnitzereien, Freskenmalereien, Bildstöcke, Marterln, Wirtshausschilder, Bauernmöbel (Alpbach-, Zillertal), Masken und Krippen. Die mittelalterlichen Dichter Walther von der Vogelweide und Oswald von Wolkenstein stammen ebenso aus Tirol wie die späteren Schriftsteller A. Pichler, C. Dallago, F. Kranewitter, K. Schönherr, S. Rieger (genannt Reimmichl), J. Leitgeb und der Kreis um L. von Ficker mit der Zeitschrift "Der Brenner". F. Mitterer zählt zu den meistgespielten deutschsprachigen Autoren der Gegenwart. In Tirol entstanden der Abrogans und das Ambraser Heldenbuch, die Sagenkreise um König Laurin und Dietrich von Bern (Dietrich-Epen), viele Oster- und Passionsspiele des Mittelalters sowie Fastnachtsspiele, die in zahlreichen Orten nach wie vor gepflegt werden: Passionsspiele in Thiersee und Erl, Freilichtaufführungen in Rattenberg, Kufstein und Elbigenalp sowie Volksschauspiele in Telfs; besondere Bedeutung hatte die ehemalige Exl-Bühne. Die geistliche und weltliche Musik wurde bereits an den mittelalterlichen Klosterschulen und am Innsbrucker Hof gepflegt. Die barocke Musik- und Operntradition in Innsbruck wurde mit der Gründung der "Ambraser Schlosskonzerte" 1963 und der "Festwochen der Alten Musik" 1977 wieder aufgenommen. Heute bestehen neben 325 Chören (mit mehr als 7500 Mitgliedern) zahlreiche Volksliedgruppen, vor allem im Familienverband. Über die Grenzen des Landes hinaus bekannt wurden Kammerchöre ("Walther von der Vogelweide") und Volkssängergruppen. Seit 1974 findet alle 2 Jahre der "Alpenländische Volksmusikwettbewerb" in Innsbruck statt. Kirchliche und weltliche Feste werden vor allem im ländlichen Raum von den rund 300 Blasmusikkapellen, 233 Schützenkompanien und 102 Heimat- und Trachtenvereinen mitgestaltet. Tirol ist auch Schauplatz vieler alter Bräuche: Schemenlaufen in Imst, Schellerlaufen in Nassereith, Schleicherlaufen in Telfs, Blochziehen in Fiss, Brixentaler Antlassritt, Palmprozessionen mit Palmeselumzug und Krippenschauen. Mittelpunkt des wissenschaftlichen und kulturellen Lebens ist seit jeher die Landeshauptstadt Innsbruck mit Universität, Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum, Tiroler Volkskunstmuseum und Landestheater. Jährlich findet in Alpbach das Europäische Forum Alpbach statt. Seit den 70er Jahren haben sich landesweit zahlreiche Kulturinitiativen gebildet, die die Impulse der früheren Jugendkulturwochen im Bereich alternativer und zeitgenössischer Kunst weitertragen. Geschichte: Zahlreiche Funde (zum Beispiel "Ötzi"), Urnengräberfelder und vorrömische Orts- und Flurnamen weisen darauf hin, dass zumindest die bedeutenderen Täler des späteren Landes Tirol in vorgeschichtlicher Zeit locker besiedelt waren. Nach der Eroberung durch die Römer 15 v. Chr. gehörte das Gebiet südlich des Thinnebachs bei Klausen/Säben im Eisacktal und südlich der Töll bei Meran im Etschtal zum italienischen Municipium Tridentum (Trient), das Pustertal östlich der Mühlbacher Klause mit dem Municipium Aguntum (östlich von Lienz) zu Binnennoricum, das Gebiet östlich der Zillermündung zu Ufernoricum und das Gebiet westlich davon bzw. nördlich vom Thinnebach und oberhalb der Töll zu Vindelikien bzw. Rätien (Römerzeit). Nach dem Zusammenbruch des Römischen Reichs bzw. am Ende der Völkerwanderung konnten die von Norden eindringenden Baiern im 6. Jahrhundert die von Südost vorstoßenden Slawen bis zur Lienzer Klause zurückdrängen, bis zur Salurner Klause konnten sich die Baiern gegen das bereits romanisierte Königreich der Langobarden durchsetzen. In einigen Tälern, wie im oberen Vintschgau, im Engadin und in den Dolomitentälern, konnten sich jedoch weiterhin Alpenromanen (Rätoromanen und Ladiner) halten. Mit der Unterwerfung des langobardischen Königreichs 773/74 und des bairischen Herzogtums 788 durch Karl den Großen gelangte Tirol unter fränkische Herrschaft. Die erste Christianisierungswelle, verbunden mit der Gründung des Bischofssitzes auf dem Burgfelsen von Säben, kam im 5. Jahrhundert vom Süden bzw. von Trient her, die zweite erfolgte durch die Baiern: 769 gründete Tassilo III. das Kloster Innichen, um die Slawen zu missionieren. Mit der Erneuerung des römischen Kaisertums durch Karl den Großen 800 und Otto I. 962 und den damit verbundenen Romzügen erlangten der Tiroler Raum und seine Pässe neuerlich große politische Bedeutung: 1004 und 1027 wurden die Grafschaften Trient, Bozen und Vintschgau dem Bischof von Trient, 1027 die Grafschaft Norital vom Thinnebach über den Brenner bis zum Ziller und 1091 die Grafschaft Pustertal dem Bischof von Brixen vom Kaiser verliehen; mit Hilfe des älteren Reichskirchensystems (bis zum Investiturstreit) bzw. der in der Macht des Kaisers stehenden Einsetzung von treu ergebenen Bischöfen sollten die wichtigen Tiroler Alpenpässe gesichert werden. Als Geistliche brauchten die Bischöfe zur Ausübung der militärischen Landesverteidigung und der Hochgerichtsbarkeit "advocati" bzw. Vögte und verliehen diese Ämter erblich an Familien des Tiroler Hochadels. Nach zum Teil blutigen Rivalitäten gelang es schließlich Albert III., dem letzten Tiroler Grafen ( 1253), die Vogteigewalt über die bischöflichen Fürstentümer Trient und Brixen in seiner Hand zu vereinigen und auf diese Weise die Grafschaft bzw. das Land Tirol zu bilden, das damit seinen Namen und sein Wappen erhielt (1248). Nach einer kurzfristigen Teilung des Erbes unter seinen beiden Schwiegersöhnen konnte Alberts Enkel Meinhard II. aus dem Hause Görz (1259-95) das Land wieder vereinen und vor allem gegen Nordwesten weiter ausdehnen (Meinhardiner). Das von ihm aufgebaute Verwaltungssystem bzw. die Einteilung des Landes in Gerichtsbezirke (verbunden mit einer systematischen Städtepolitik) ist noch heute weitgehend gültig. 1271 kam es zwischen Meinhard und seinem Bruder Albert von Görz zur Teilung des vereinigten Tiroler und Görzer Erbes, die Mühlbacher Klause am Westende des Pustertals wurde dabei als Grenze fixiert. Nach dem Tod der 3 Söhne Meinhards kam das Land an seine erbende Enkelin Margarete Maultasch, die die Grafschaft Tirol nach dem Ableben ihres 2. Gatten, Ludwig des Brandenburgers aus dem Hause Wittelsbach ( 1361), und ihres Sohnes Meinhard III. im Jänner 1363 noch im gleichen Monat an ihre Vettern, die Habsburger Rudolf IV., Albrecht III. und Leopold III., übergab; die Urkunde ließ sie von je einem Vertreter des Klerus und der Bürgerschaft sowie von 12 Adelsherren mitbesiegeln. Die im 1. Drittel des 15. Jahrhunderts voll ausgeprägte Mitwirkung der Landstände an der Landespolitik kündigt sich hier eindrucksvoll an. Der von Herzog Friedrich IV. ("mit der leeren Tasche", 1406-39) aus der Leibeigenschaft entlassene Bauernstand bildete seither den 4. Stand. Friedrich machte Innsbruck zu seiner Residenzstadt (und der seiner Nachfolger) und damit zur dauerhaften Verwaltungsmetropole des Landes, obwohl Meran formal bis 1848 Hauptstadt des Landes blieb. Unter Kaiser Maximilian I. (in Tirol 1490-1519) erfuhr das Land eine territoriale Erweiterung durch Teile des Görzer Erbes (Pustertal, Bezirk Lienz), durch den Erwerb der bayerischen Landgerichte Rattenberg, Kufstein und Kitzbühel im Bayerischen Erbfolgekrieg (1504-05) sowie durch die Eroberung der "welschen Confinen" südlich von Trient und von Cortina d´Ampezzo am Ende des Venetianer Kriegs (1516), in dem es nach Verhandlungen mit den Tiroler Landständen 1511 zur Dekretierung des so genannten Tiroler Landlibells kam, das (mehrfach reformiert) bis 1918 als Landesverteidigungsordnung Tirols in Geltung blieb. Sie bewährte sich besonders in den Kriegsjahren 1632, 1703, 1796/97, 1809 (Tiroler Freiheitskampf), 1848, 1859 und 1915-18. Die Säkularisation der geistlichen Reichsfürstentümer 1803 brachte die Vereinigung der bis dahin nur konföderierten Fürstentümer Brixen und Trient mit Tirol. Im Zuge der Napoleonischen Kriege kamen Teile 1805/06-14 an das Königreich Bayern, 1810-13 das Gebiet südlich von Klausen und Meran zum Königreich Italien und das Gebiet östlich des Toblacher Felds zu den Illyrischen Provinzen Frankreichs (1813/14 wieder rückgängig gemacht). Den letzten Territorialzuwachs erfuhr das Land 1816, als das Zillertal, die Herrschaft Itter-Hopfgarten und Windisch-Matrei (heute Matrei in Osttirol) vom Fürstentum Salzburg abgetrennt und Tirol zugewiesen wurden. Im 19. Jahrhundert löste vor allem der Bau von Brenner- und Arlbergbahn (1856-84) den Beginn der Industrialisierung und des Tourismus aus. Innsbruck, das seit der neuen Landesverfassung von 1849 Landeshauptstadt war, wurde zu einem internationalen Verkehrsknotenpunkt und stieg zur Wirtschaftsmetropole des Landes auf. Nach dem 1. Weltkrieg brachte der Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye 1919 die Teilung des Landes in das österreichische Bundesland Tirol und in Südtirol als Teil Italiens. Mit dem Land wurde auch die alte Diözese Brixen geteilt, der bei Österreich verbliebene Teil wurde 1921 in eine Apostolische Administratur umgewandelt; 1964 wurde die ostwärts bis zum Ziller reichende Diözese Innsbruck errichtet, von der 1968 die Diözese Feldkirch (Vorarlberg) abgetrennt wurde. In der 1. Republik erreichten die Christlichsozialen eine deutliche Vorherrschaft, die Sozialdemokraten blieben schwach; auch bei den bewaffneten Verbänden war nur die christlichsoziale Heimwehr von Bedeutung; dennoch kam es im Februar 1934 in Wörgl zu Schießereien. Folge der schwierigen wirtschaftlichen Lage der bäuerlichen Bevölkerung war eine Auswanderungsbewegung (Dreizehnlinden); der expandierende Fremdenverkehr wurde von der deutschen Tausend-Mark-Sperre schwer beeinträchtigt. Unter dem Nationalsozialismus wurden Tirol und Vorarlberg 1938 zu einem Reichsgau zusammengelegt, Osttirol kam zu Kärnten. Das besonders harte Vorgehen der Nationalsozialisten gegen die katholische Kirche (Schließung von Schulen) und der Verbleib von Südtirol bei Italien führten zu Widerständen. Ab Ende 1943 waren Innsbruck, Hall und Wörgl alliierten Bombardements ausgesetzt. Die Besetzung Innsbrucks durch amerikanische Besatzungstruppen erfolgte am 3. 5. 1945. Nordtirol wurde französische, Osttirol britische Besatzungszone. Die Gesetzgebung übt nach der Tiroler Landesordnung 1989 in der Fassung von 2002 der auf 5 Jahre gewählte, 36 Mitglieder umfassende Landtag aus. Die Landesregierung setzt sich aus 5 Vertretern der ÖVP und 2 Vertretern der SPÖ zusammen. Tirol entsendet 15 Abgeordnete in den National- und 5 in den Bundesrat. Den Landeshauptmann stellt die ÖVP. © Copyright Tirol: Hinterriß im Karwendel. © Copyright Tirol: Bauernhöfe im Ötztal. © Copyright Tirol: Pitztaler Gletscherbahn. © Copyright Tirol: Inn bei Finstermünz. © Copyright Tirol: Zillertaler Truhe (Tiroler Volkskunstmuseum, Innsbruck). © Copyright Tirol: Obermauern im Virgental. © Copyright Das Werden Tirols 1150-1918.
Literatur: Tiroler Wirtschaftsstudien. Schriftenreihe der Jubiläumsstiftung der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol, 1957ff.; Österreichische Akademie der Wissenschaften (Hg.), Theatergeschichte Österreichs, Tirol, Band 2, 4 Hefte, 1966-92; Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol, Bericht, 1967ff.; Österreichische Kunsttopographie, Band 38, 1972, Band 45, 1981, und Band 47, 1986; J. W. Deininger, Das Bauernhaus in Tirol und Vorarlberg, 1979 (Nachdruck der Ausgabe von 1902); G. Amman (Bearbeitung), Tirol, Dehio-Handbuch - Die Kunstdenkmäler Österreichs, 1980; O. Stolz, Rechtsgeschichte des Bauernstandes und der Landwirtschaft in Tirol und Vorarlberg, 1985; J. Fontana und andere, Geschichte des Landes Tirol, 5 Bände, 1985-88; F. Achleitner, Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert, Band 1: Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg, 1986; Sektion Industrie der Tiroler Handelskammer (Hg.), Die Industrie als bedeutender Wirtschaftsfaktor Tirols, 1989; F.-H. Hye, Grundzüge der Tiroler Landesgeschichte, 1989; derselbe, Das Tiroler Landeswappen, 1989; G. Kindl, Wirtschaft und Universität in Tirol, 1991; G. Bodini, Ein Gang durchs Jahr. Riten und Brauchtum im alten Tirol, 1992; H. Menardi, Schätze des Tiroler Volkskunstmuseums, 1992; Gesellschaft für Wirtschaftsdokumentation (Hg.), Chronik der Tiroler Wirtschaft, 1992; H. Alexander, Geschichte der Tiroler Industrie, 1992; Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Tirol (Hg.), Jahresbericht der Sektion Industrie, 1994; H. Schreiber, Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Nazizeit in Tirol, 1994; E. Schubert, Die Gotik in Tirol, 1994; derselbe, Barock in Tirol, 1994; J. Holzner (Hg.), Literatur und Sprachkultur in Tirol, 1997; F. Fliri, Naturchronik von Tirol, 1998; M. Gehler (Hg.), Tirol. "Land im Gebirge", 1999 (= Geschichte der österreichischen Bundesländer seit 1945, Band 3); J. Gelmi, Geschichte der Kirche in Tirol, 2001; J. Riedmann, Geschichte Tirols, 32001; Verweise auf andere Alben:
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