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Forschungsinstitut für Technikgeschichte, Österreichisches - Fragestunde (23/25)
Fossel, Viktor von FPÖ

Fotografie


Fotografie: Die 1839 in Paris als 1. brauchbares fotografisches Verfahren vorgestellte Daguerrotypie fand noch im selben Jahr durch den von der österreichischen Regierung zum Studium der Daguerrotypie entsandten Mathematiker und Physiker A. von Ettingshausen in Österreich rasche Verbreitung. Besonders in der so genannten "Fürstenhofgruppe" um den Maler C. Schuch wurde sie praktiziert und an der Verbesserung (zum Beispiel die Verkürzung der Belichtungszeit) gearbeitet (F. Kratochwilla, J. Petzval, P. W. Voigtländer, A. G. Martin). 1841 stellten die Brüder Johann und Josef Natterer in Wien die 1. "Sekundenbilder" her. Auch die in England entwickelte Kalo- bzw. Talbotypie stieß in Wien auf Interesse. Außer im Porträtfach, bis Ende des 19. Jahrhunderts der Schwerpunkt der Berufsfotografie, wurde sie seit 1845 auch für Landschaftsaufnahmen angewendet (F. Adler, R. Gaupmann und G. Fischer, Brüder Rospini in Graz). In Verbindung mit dem nassen Kollodiumverfahren führte der 1850 in Frankreich erfundene Albuminabzug (1869 durch den Wiener Fotografen A. Ost entscheidend verbessert) zu einer bis dahin unerreichten Verbreitung der Fotografie, da hiermit hohe Auflagen einzelner Bildmotive möglich wurden; zugleich wurden verschiedene Standardformate übernommen (Visitformat ab 1857, Cabinetformat ab 1866, Promenade-, Paneel- und andere Formate ab 1875). Danach etablierten sich in Österreich zahlreiche Fotoateliers, wobei die Wiener tonangebend blieben (L. Angerer, J. Bauer, C. Mahlknecht und andere). 1861 wurde auf Anregung von J. Homolatsch die "Photographische Gesellschaft" als 1. Zusammenschluß österreichischer Fotografen gegründet (1864 1. photographische Ausstellung in Wien). 1888 erfolgte die Verlegung der 1879 in Salzburg eingerichteten Fotoschule nach Wien ("K. k. Lehr- und Versuchsanstalt für Photographie und Reproduktionstechnik"). Mit dem Trockenverfahren (Gelatine-Trockenplatten ab 1879 in Österreich durch C. Haack industriell gefertigt), die das nasse Kollodiumverfahren völlig verdrängten, wurde auch die Amateurfotografie entscheidend gefördert (1887 Gründung des Wiener "Camera-Clubs" als 1. Amateurverein). Technische Innovationen mit dem Ziel von mehr Authentizität (eigene österreichische Beiträge waren die Phototypie von J. Berres, 1840, die Galvanographie von P. Pretsch, 1854, und die Heliogravure von K. Klietsch, 1879) und die Erschließung von Anwendungsbereichen neben der Atelierfotografie, wie Interieur-, Industrie-, Expeditions- und Reisefotografie (W. Burger, J. von Brenner-Felsach, R. Pöch und andere), Chromofotografie (A. Ost), Fotokeramik (J. Leth), kennzeichnen die Frühzeit der österreichischen Fotografie. Von zentraler Bedeutung für die Geschichte der Fotochemie in Österreich wurde J. M. Eder, der auf vielen Gebieten Grundlegendes leistete (Eder-Hecht-Sensitometer, Sensibilatoren, Chlor-Bromsilber-Gelatine). Die Graphische Lehr- und Versuchsanstalt in Wien wurde unter seiner Leitung eine Forschungsstätte von internationalem Rang; eine vergleichbare Bedeutung der österreichischen Fotochemie und -physik wurde nie wieder erreicht.

Edeldruckverfahren (Platindruck, Pigmentdruck, Gummidruck und Bromöldruck), die in Österreich entscheidend verbessert wurden (G. Pizzighelli, A. von Hübl, H. Kühn, E. Mayer), ermöglichten eine Annäherung des fotografischen Bilds an Malerei und Graphik. Das führte zwischen 1890 und 1914 zu einer Hochblüte der Kunstfotografie, zu deren bedeutendsten Vertretern vor allem Mitglieder des Wiener "Camera-Clubs" gehörten (L. David, A. und N. von Rothschild, F. V. Spitzer), besonders aber H. Watzek, H. Henneberg und H. Kühn ("Trifolium"), die eng zusammenarbeiteten. Ähnliche Amateurvereine wurden auch in Graz, Salzburg und Linz begründet. In Bad Ischl (Oberösterreich) besteht das Oberösterreichische Landesmuseum für Fotografie (Sammlung Frank).

Die Bildsprache der Kunstfotografen blieb auch nach 1918 bestimmend (R. Koppitz, M. von Karnitschnigg, H. Haluschka) und wirkte auch auf die Berufsfotografie (etwa in der Porträt- und Modefotografie) ein (zum Beispiel Atelier Deutschland´Ora, A. Benda, A. Schein, J. Löwy, F. X. Setzer, H. Schieberth oder E. Barakovich). Eine Rezeption des in der Zwischenkriegszeit vor allem am Bauhaus entwickelten "Neuen Sehens", das die scharfe Wiedergabe alltäglicher Gegenstände in Ausschnitten oder ungewohnte Perspektiven etablierte, erfolgte (abgesehen von Ansätzen bei H. Schwarz, A. Stern, T. Fleischmann und E. Fürböck) vor allem durch Vertreter des Bildjournalismus, der sich ab 1918 immer stärker von der Atelierfotografie absetzte. Bedeutende Vertreter (L. Rübelt, M. Fenichel, W. Willinger, A. Hilscher, L. Ernst, H. Lechenperg und andere) arbeiteten für den nationalen und internationalen Illustrierten- und Magazinmarkt (nach 1945 zum Beispiel Ernst Haas, H. Mayr, E. Lessing).

Diese Erneuerung der fotografischen Ästhetik etablierte die Fotografie nach 1945 auch als Ausdrucksmittel der bildenden Kunst unter verschiedenen Gesichtspunkten: außer zur Darstellung abstrakter Bildwelten (H. Mayr, W. Narbutt-Lieven) für Fotocollagen (W. Verkauf, G. Rühm), zur künstlerischen Selbstdarstellung (C. L. Attersee, E. Plus, O. Oberhuber), im Wiener Aktionismus (H. Nitsch, G. Brus, R. Schwarzkogler) und vielen Formen der künstlerischen Auseinandersetzung (V. Export, B. Fritz, K. Schöffauer, H. Gappmayr, R. Kriesche). Angesichts zahlreicher Überschneidungen sind Abgrenzungen zur "reinen" Fotografie kaum mehr möglich. Für die große Zahl freier Fotografen, die an selbstgestellten Themen arbeiten, ist die Vielfalt von Methoden und Ansatzpunkten in der Fotografie kennzeichnend (Vertreter der so genannten "Autorenfotografie": N. Walter, O. Thormann, B. Lenart junior, M. Willmann, H. Tezak, J. Pausch, W. Bernhardt, P. Dressler, R. Kratochwill, H. Cibulka und andere). Die Gründung von Fotogalerien (Graz, Salzburg, Wien), von Zeitschriften zur zeitgenössischen Fotografie ("Zeitschrift für Fotografie", 1980ff.), und Preise (zum Beispiel "Landesförderungspreis für Fotografie" der Steiermark seit 1971) trugen zur internationalen Aufwertung der künstlerischen Fotografie in Österreich bei. Auch die Amateurfotografie in Vereinen mit Zentren in Wien (L. Fischer, H. Stanek, K. Piringer), Linz (M. Neumüller, K. Almesberger), Graz (E. Kees) und St. Pölten spielt eine wichtige Rolle.


Literatur: R. Zahlbrecht und O. Helwich (Hg.), 100 Jahre Photographische Gesellschaft in Wien. 1861-1961, 1961; A. Baier, Die Photographie und ihre Entwicklung in Wien 1839-1911, Dissertation, Wien 1965; O. Breicha, Kreative Fotografie in Österreich, Ausstellungskatalog, Graz 1974; H. Frank, Vom Zauber alter Licht-Bilder. Frühe Photographie in Österreich 1840-60, 1981; O. Hochreiter und T. Starl (Hg.), Geschichte der Fotografie in Österreich, 2 Bände, Ausstellungskatalog, Bad Ischl 1983; Rückblende: 150 Jahre Photographie in Österreich, Ausstellungskatalog, Wien 1989; Fisch & Fleisch. Photos aus Österreich 1945-95, Ausstellungskatalog, Krems 1995.


 
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