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EisenEisen: Neben Salz ist Eisen zu den ältesten und wichtigsten bergbaulich gewonnenen Produkten zu rechnen. Einen ersten durch Funde nachweisbaren Höhepunkt erreichte der Abbau während der Eisenzeit (8. Jahrhundert v. Chr. bis 15 v. Chr.). Vor allem in der jüngeren Eisenzeit (La-Tène-Kultur) gewann das Eisen bei den von Westen nach Österreich eingewanderten Kelten erhöhte Bedeutung für die Herstellung von Waffen und Werkzeugen. Die Rolle des von den Norikern wahrscheinlich hauptsächlich am Hüttenberger Erzberg gewonnenen "norischen Eisens" dokumentieren eindrucksvoll die Ausgrabungen am nahen Magdalensberg. Das in Windöfen erschmolzene und anschließend ausgeschmiedete Eisen schätzten auch die Römer. Nach einer jahrhundertelangen Unterbrechung durch die Völkerwanderung ist die Wiederaufnahme der Eisengewinnung seit dem 11./12. Jahrhundert in Hüttenberg und am steirischen Erzberg nachweisbar. Als Schmelzaggregat kannte man seit der Römerzeit den schachtförmigen Rennofen. Im Lauf des Mittelalters ging man dazu über, diese Öfen in den Tälern zu errichten, wo die Blasbälge mit Wasserrädern betrieben werden konnten (Radwerke). Die für die Weiterverarbeitung notwendigen Hammerwerke wurden wegen des großen Brennstoffverbrauchs in wald- und wasserreiche Regionen weit über das Land verteilt. Ausdifferenziert in die Roheisen-, Rohstahl- und Finalerzeugung, entstanden dadurch spezielle vom Eisen geprägte Regionen (Eisenwurzen), vor allem in der Steiermark, in Kärnten und in Oberösterreich. Kärntnerische und steirische Frischverfahren sicherten dem erzeugten Stahl weltweite Verbreitung. Dieser Stahl war auch die Voraussetzung für die Qualität der stark arbeitsteilig erzeugten Fertigprodukte. Schmiede, Schlosser und Messerer waren etwa für Steyr, Leoben, Waidhofen an der Ybbs und Scheibbs prägend. In Innsbruck bestand ab 1504 ein Zentrum der Harnischmacher, in Thörl (Steiermark) im 16. Jahrhundert die frühkapitalistische große Waffenschmiede des Sebald Pögl, und Ferlach (Kärnten) ist seit damals Sitz der Büchsenmacher (Gewehre). Die Erzeugung von Sensen war weit verbreitet und erreichte in der Zunft Kirchdorf/Micheldorf ihre größte Dichte. Der Reichtum der Bürger dieser Städte basierte jedoch auf dem Handel mit diesen Produkten. Das Vordernberger Eisen ging vor allem Richtung Süden und Osten, über Salzburg aber auch nach Westen, das Innerberger Eisen im Wesentlichen nach Norden. Der Vertrieb des Kärntner Eisens erfolgte über die konkurrierenden Orte Althofen und St. Veit an der Glan. Während das Eisenwesen im 16. Jahrhundert hohes Ansehen genossen hatte, geriet es als Folge der Umorientierung der großen Handelsrouten, der Ausweisung protestantischer Unternehmer und des Ausbruchs des Dreißigjährigen Kriegs in eine Krise. 1625 schuf daher der Staat mit der Gründung der "Innerberger Hauptgewerkschaft" einen zentral verwalteten Großbetrieb. Es dauerte nach den Kriegs- und Religionswirren aber noch einige Jahrzehnte, bis sich das Eisenwesen unter dem Einfluss des Merkantilismus um die Mitte des 18. Jahrhunderts wieder erholte. Zu den fördernden Maßnahmen gehörte auch die Liberalisierung der Holz- und Proviantwidmung und des Eisenhandels unter Kaiser Joseph II. In Vordernberg reformierte Erzherzog Johann durch die Gründung der "Vordernberger Radmeister-Communität" 1829 das Eisenwesen. In England hatte inzwischen die Industrialisierung einen Prozess der technischen Umgestaltung ausgelöst, der mit zeitlicher Verzögerung auch nach Österreich übertragen wurde. Bei der Roheisenerzeugung war ab Mitte des 18. Jahrhunderts der Stuck- durch den Floß- und dieser nach 1820/30 durch den Hochofen abgelöst worden. Die alten Frischfeuer wichen ab 1830/40 immer mehr den englischen Puddelöfen, und anstelle der vielen Hammerwerke entstanden Walzwerke. Die Umstellung erhielt ihre Dynamik auch durch die Anforderungen des Eisenbahn- und Maschinenbaus. Große Schienenwalzwerke waren in Kärnten, in Zeltweg, Graz und Ternitz, Lokomotivfabriken in Wien (Simmering, Floridsdorf), Wiener Neustadt und Linz; bedeutende Eisen- und Stahlwerke gründeten A. von Schoeller in Ternitz, J. H. A. Bleckmann in Mürzzuschlag, H. Graf Henckel von Donnersmarck in Zeltweg, die Brüder E. und A. Böhler in Kapfenberg und F. Mayr in Donawitz. Die 1869 von J. Werndl in Steyr gegründete Österreichische Waffenfabriksgesellschaft galt um 1900 als größtes metallverarbeitendes Unternehmen der Monarchie. Nach 1860 veränderten der Bessemer- und der Siemens-Martin-Prozess sowie die Umstellung von der Holzkohlen- auf die Koksfeuerung nochmals die Bedingungen der Eisen- und Stahlerzeugung. Ein umfassender Konzentrationsprozess vereinte 1881 die wichtigsten Werke der Steiermark und Kärntens zur Oesterreichisch-Alpine Montangesellschaft mit Donawitz als Hauptwerk. Dieses widmete sich vor allem der Massenstahlerzeugung, die Werke in Kapfenberg, Mürzzuschlag und später Judenburg, wo 1907 der erste Elektrostahlofen Österreichs stand, der Erzeugung von Spezial- und Sonderstählen. Darüber hinaus spielte das Eisen immer auch für das Kunstgewerbe und das Handwerk eine große Rolle. Grabkreuze, Taschenfeitl, Fenster- und Brunnengitter, Glocken und gusseiserner Schmuck zeugen unter anderem vom hohen Können der Kunsthandwerker. In der Zwischenkriegszeit war die überdimensionierte Eisen- und Stahlindustrie von der Krise mit folgender Arbeitslosigkeit besonders betroffen. Die Oesterreichische-Alpine Montangesellschaft war zudem ab 1926 in die Abhängigkeit der deutschen Vereinigten Stahlwerke geraten. Mit dem 1938 begonnenen Bau des Hüttenwerks der "Reichswerke AG ,Hermann-Göring´" in Linz war ein neues, bei Kriegsende überdimensioniertes Werk in kurzer Zeit neu entstanden. 1946 wurden alle großen Eisen- und Stahlwerke, allen voran die VÖEST (VOEST, Vereinigte Österreichische Eisen- und Stahlwerke AG), verstaatlicht (verstaatlichte Industrie). Zusammen mit der Eisen- und Stahlplanung von 1948 war das die Grundlage für den mit Marshall-Plan-Hilfe erfolgten Wiederaufbau. Auf metallurgischem Gebiet gelang 1952/53 in Linz und Donawitz mit der großtechnischen Umsetzung des LD-Verfahrens ein globaler Durchbruch. Seit den 70er Jahren veränderten tiefgreifende Umstrukturierungen die österreichische Eisen- und Stahlindustrie. 1973 verschmolzen Oesterreichische-Alpine Montangesellschaft und VÖEST zur VOEST-Alpine AG und 1975 Schoeller-Bleckmann, Böhler-Werke und Steirische Gussstahlwerke AG in Judenburg zur Vereinigten Edelstahlwerke AG (VEW). Als Folge der europäischen Stahlkrise war jedoch auch die ab 1990 in der Austrian Industries AG zusammengefasste österreichische Eisen- und Stahlindustrie von weiteren Strukturveränderungen betroffen. Seit 1994 wurden über die Österreichische Industrieholding AG die staatliche Anteile an den Betrieben stark verringert. Das in den späten 80er Jahren von der VOEST entwickelte Corex®-Verfahren stellt wiederum einen technischen Markstein dar. Auf die Industrieabteilung Metallerzeugung und -bearbeitung entfielen in Österreich 1998 99 Betriebe mit 32.505 Beschäftigten; viele Unternehmen weisen hohe Exportquoten auf. Literatur: H. Pirchegger und R. Töpfner, Eisen immerdar, 1951; M. Mitterauer (Hg.), Österreichisches Montanwesen, 1974; M. Wehdorn, Die Baudenkmäler des Eisenhüttenwesens in Österreich, 1982; P. W. Roth (Hg.), Erz und Eisen in der Grünen Mark, 1984; Beiträge zur eisengeschichtlichen Forschung in Österreich, 1986. Verweise auf andere Alben:
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