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Kassner, Rudolf - Katholische Soziallehre (19/25)
Katholische Jungschar Österreichs Katholische Presse-Agentur Österreichs

katholische Kirche


katholische Kirche (römisch-katholische Kirche), gesetzlich anerkannte Religionsgemeinschaft mit Rechtspersönlichkeit. Die gesetzliche Regelung des Verhältnisses zwischen der katholischen Kirche und dem Staat durch das Konkordat 1933/34 erfuhr durch weitere Verträge nach 1945 Modifizierungen bzw. Ergänzungen. Aufgrund des Gesetzes über den Kirchenbeitrag deckt die katholische Kirche ihren Aufwand größtenteils aus dessen Erträgnissen. Die katholische Kirche in Österreich umfasst 2 Kirchenprovinzen (Erzdiözesen): Wien und Salzburg, mit zusammen 9 Diözesen und einem Militärordinariat. An der Spitze der Diözesen stehen die Bischöfe, die in der Österreichischen Bischofskonferenz als ständiger Einrichtung für gewisse pastorale Aufgaben zusammengeschlossen sind. Im Bischofsrang steht auch der Abt des Vorarlberger Zisterzienserstiftes Mehrerau ("Abtei nullius"). Die Diözesen sind in 230 Dekanate unterteilt, einschließlich dem Militärordinariat gibt es, laut Statistik 1998, 3048 Pfarren, 49 Quasipfarren und 1759 sonstige Kirchen- und Seelsorgestellen, in denen 5,921.064 Katholiken leben. Von 4747 katholischen Priestern sind 2926 Welt- und 1821 Ordensgeistliche (Klöster und Orden). 375 ständige Diakone arbeiten in der Seelsorge mit. Die Zahl der Laien im kirchlichen Dienst (vorwiegend Religionslehrer, Pastoralassistenten) nimmt derzeit zu. An den österreichischen Schulen sind zirka 10.000 Religionslehrer tätig.

Neben katholischen Privatschulen unterhält die katholische Kirche Heime, Lehranstalten und Kindergärten; weiters kommt der katholischen Erwachsenenbildung in Österreich erhebliche Bedeutung zu. Die wissenschaftliche Ausbildung des Klerus und der Laientheologen erfolgt teils an den Katholisch-Theologischen Fakultäten der Universitäten (Wien, Graz, Innsbruck und Salzburg), teils an den Theologischen Hochschulen (Linz, St. Pölten, St. Gabriel/Mödling) und Theologischen Lehranstalten der Orden (Stift Heiligenkreuz, Stift Klosterneuburg), die Ausbildung der Religionslehrer an den Religionspädagogischen Akademien der Diözesen (Wien, Graz, Innsbruck, Salzburg, Klagenfurt, Linz) und an den Universitäten.

Während der NS-Zeit 1938-45 wurde das katholische Organisations- und Vereinsleben aufgelöst. Nach 1945 setzte die Aktivität des Laienapostolats stark ein. Katholische Laien sind vorwiegend in der nach 1945 reaktivierten Katholischen Aktion Österreichs mit ihren Gliederungen und "Werken" und in den katholischen Verbänden vereinigt, die sich 1954 zur Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände zusammengeschlossen haben. Parallel zum Verbandskatholizismus und zur Katholischen Aktion entstanden charismatische Bewegungen und innerkirchliche Gruppen, die in keinem der Dachverbände vereint sind und rein religiöse bzw. apostolische Aufgaben ausüben: Action 365, Cursillo-Bewegung, Legio Mariae, Gemeinschaften christlichen Lebens, Charismatische Gemeindeerneuerung, Katholischer Familienverband, Marianische Kongregationen und der Rosenkranz-Sühnekreuzzug um den Frieden der Welt. 1970 kam es zur Gründung des Katholischen Laienrats Österreichs, dem alle Gliederungen der Katholischen Aktion Österreichs, alle Verbände der Arbeitsgemeinschaft Katholischer Verbände, alle sonstigen katholischen Organisationen sowie Vertreter der Diözesen und Einzelpersonen angehören. Bedeutende Institute und Aktionszentren der katholischen Kirche sind die Katholische Akademie und die Katholische Sozialakademie in Wien, die Fernkurse für theologische Bildung (Wien und Linz), das Institut für kirchliche Sozialforschung, das Institut für Internationale Zusammenarbeit, der Österreichische Entwicklungsdienst, der ökumenische Stiftungsfonds Pro Oriente und die Katholischen Bildungswerke.

Neu musste nach 1945 auch die katholische Presse aufgebaut werden. Neben den diözesanen Kirchenzeitungen und Pfarrblättern gibt es mehrere Zeitungen ("Die Furche", "Präsent" ) sowie katholische Zeitschriften und periodisch erscheinende Schriften, herausgegeben von Verlagen, wie Styria Medien AG, Tyrolia Verlagsanstalt GmbH, Carinthia, Salzburger Pressvereinsbetriebe, Niederösterreichisches Pressehaus, Bregenzer Zeitungs- und Verlagsgesellschaft, die der Gemeinschaft katholischer Zeitungs- und Zeitschriftenverlage Österreichs angehören.

Geschichte: Die Christianisierung in Österreich war kein einheitlicher Vorgang, sondern erfolgte in mehreren Perioden. Nach dem Frühchristentum der römischen Epoche erfolgte die Christianisierung der Baiern Ende des 7., Anfang des 8. Jahrhunderts durch fränkischen Einfluss, iroschottische Mönche und angelsächsische Missionare. Die durch Bonifatius errichtete Kirchenorganisation erstreckte sich auch über Österreich (Diözesen Salzburg, Passau), wurde im 9. Jahrhundert unter fränkischer Herrschaft gefestigt und erreichte auch die Alpenslawen. Ab dem 10. Jahrhundert wurde die lokale Organisation aufgebaut (Pfarren, oft in Verbindung mit einem Burgbezirk, später mit größeren Siedlungen). Besondere Bedeutung kam den Klostergründungen ab dem 11. Jahrhundert zu. Im Mittelalter übernahm die Kirche nicht nur die geistige Führungsrolle, sondern prägte auch das kulturelle Leben in Baukunst (Kirchen, Klöster), Malerei, Literatur und Musik und wurde zum Träger von wirtschaftlichem Fortschritt, Bildungs- und sozialen Einrichtungen (Schulen, Spitäler).

Im 16. Jahrhundert geriet die katholische Kirche in Österreich in eine schwere innere Krise, die in der Ausbreitung des Luthertums (Reformation) offen zu Tage trat. Ihr wurde durch eine um 1550 einsetzende Reform begegnet, die Voraussetzung für die ab etwa 1580 von den Habsburgern getragene Gegenreformation war. Diese führte bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts zur völligen Rekatholisierung Österreichs (Salzburg erst im 18. Jahrhundert) und zu einer Zunahme kirchlicher Einrichtungen (Wallfahrten, Denkmäler, Großbauten). Die Reaktion setzte im Zeichen der Aufklärung unter Maria Theresia ein und führte zur Zeit Josephs II. bis 1790 einerseits zur Verringerung der Klöster auf die Hälfte, andererseits zur Verdichtung des Pfarrsystems und zur Errichtung neuer Diözesen. Der Ausgestaltung des Staatskirchentums ab dem ausgehenden 18. Jahrhundert wirkte eine katholische Erneuerung in Wien (C. M. Hofbauer) entgegen, andererseits verbreitete sich unter liberalen Intellektuellen eine kritische Haltung gegenüber der katholischen Kirche, die durch das Konkordat von 1855 noch gesteigert wurde. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts geriet die katholische Kirche durch Liberalismus und Marxismus in starke Bedrängnis und entwickelte Gegenströmungen (politischer Katholizismus, christliche Soziallehre), die zu einer Intensivierung des kirchlichen Lebens (Vereine) führten und in der Gründung der Christlichsozialen Partei mündeten. Um die Wende zum 20. Jahrhundert wandte sie sich stärker sozialen, später auch kulturellen und geistigen Fragen zu. Während der 1. Republik wurde sie durch die Gegnerschaft und eine Austrittsbewegung der Sozialdemokratie (Sozialdemokratische Partei Österreichs) sowie die Ablehnung durch den Nationalsozialismus bedrängt. Die nationalsozialistische Herrschaft führte 1938 zur Ausschaltung der katholischen Kirche aus vielen Bereichen des Lebens (Jugendarbeit, Schule, Kultur, Sozialwesen) und zur Beschränkung auf die Bereiche des Gottesdienstes. Nach Ende des 2. Weltkriegs 1945 erlebte die Kirche zunächst eine starke Renaissance, geriet aber zunehmend in den Prozess der Laisierung des Lebens. In den 90er Jahren verstärkten Kleriker, Ordensleute und engagierte Laien in verschiedenen katholischen Gruppen ihre Bemühungen um eine behutsame Modernisierung der Kirche. Sie initiierten ein Kirchenvolksbegehren (beispielgebend für Deutschland und die USA), das zum "Dialog für Österreich" führte, bislang aber ohne konkrete Ergebnisse blieb.


Literatur: J. Wodka, Kirche in Österreich, 1959; F. Klostermann und andere, Kirche in Österreich 1918-65, 1966; F. Loidl, Geschichte des Erzbistums Wien, 1983; F. Schragel, Geschichte der Diözese St. Pölten, 1985; J. Gelmi, Kirchengeschichte Tirols, 1986; H. Paarhammer (Hg.), Kirchliches Finanzwesen in Österreich, 1989; H. Schwendenwein, Österreichisches Staatskirchenrecht, 1992; Die katholische Kirche in Österreich, Almanach 1992; K. Amon und M. Liebmann, Kirchengeschichte der Steiermark, 1993; J. Lenzenweger und andere (Hg.), Geschichte der katholischen Kirche, 31995; M. Liebmann und andere (Hg.), Staat und Kirche in der "Ostmark", 1998.


 
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