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Poliklinik, Allgemeine - Polnischer Thronfolgekrieg (7/25)
Politische Kultur politischer Extremismus

Politische Parteien


Politische Parteien, organisatorische Zusammenschlüsse gleichgesinnter Staatsbürger mit dem Zweck, auf staatlicher Ebene Macht zu gewinnen und die politische Willensbildung mitzubestimmen. Politische Parteien üben für das politische System unerlässliche Funktionen aus, indem sie Bedürfnisse äußern und organisatorisch bündeln, Unterstützung für ihr politisches Programm mobilisieren und Kräfte zu seiner Umsetzung bereitstellen. Bei allgemeinen Wahlen treten die politischen Parteien miteinander in Konkurrenz: die Stimmenmehrheit legitimiert eine bestimmte politische Partei oder eine Koalition mehrerer politischer Parteien, verbindliche Normen festzulegen und über den Einsatz gesellschaftlicher Ressourcen zu entscheiden.

Die Massenparteien moderner Demokratien mit hauptamtlichem Apparat und Berufspolitikern an der Spitze sind erst im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts entstanden. Den Anfang machten dabei die sozialdemokratischen Parteien. Zunächst handelte es sich um Weltanschauungsparteien, die einander oft feindlich gegenüberstanden. So bildeten sich schon in der österreichisch-ungarischen Monarchie 3 "Lager" heraus, deren Kontinuität bis in die 2. Republik reicht: das christlichsoziale, das sozialdemokratische und das deutschnational-liberale Lager. In der Ersten Republik herrschte der Konflikt vor, der im Bürgerkrieg 1934, dem Verbot der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei und der Errichtung eines vom katholischen Lager getragenen autoritären Regimes gipfelte. Nach der Diktatur des Nationalsozialismus begründeten 1945 (ähnlich wie 1918) die Parteien die Republik. Die Führer der Großparteien ÖVP (Österreichische Volkspartei) und SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs) entschieden sich für einen pragmatischen Kurs der Zusammenarbeit (große Koalition). Aus den Weltanschauungs- entwickelten sich Massenintegrationsparteien ("Volksparteien"), die sich in erster Linie am Wahlerfolg orientieren und einander programmatisch annähern. Der allgemein gestiegene Wohlstand, die abnehmende Bedeutung von sozialer Zugehörigkeit und Religion als Ursache für gesellschaftliche Konflikte sowie der Rückgang der Stammwählerschichten (Bauern bzw. Arbeiter) bei ÖVP und SPÖ minderten die ideologische Polarisierung zusätzlich. Unter den Mitgliedern und Wählern von ÖVP und SPÖ wuchs der Anteil der "neuen Mittelschichten" (Angestellte, Beamte), deren Parteibindung als gering einzustufen ist.

Der ökonomische Aufschwung und die soziale Stabilität der Zweiten Republik kamen anfangs den Großparteien zugute: Während der 60er und 70er Jahre fielen bei Nationalratswahlen regelmäßig an die 90 % der Wählerstimmen auf ÖVP und SPÖ. Bei der Nationalratswahl 1990 ist ihr Stimmenanteil auf 75 % zurückgegangen. Die Aufdeckung politischer Korruption und wachsende Zweifel an den Fähigkeiten der Regierungsparteien, die aktuellen politischen Probleme lösen zu können, haben die Kritikbereitschaft an den politischen Parteien verstärkt und in der Folge den Anteil der Wechselwähler erhöht (Nationalratswahl 1990: 17 %, 1994: 19 %). Eine neue Partei, die Grüne Alternative (Grüne Parteien), hat vernachlässigte Themen (besonders Umwelt) in die politische Diskussion eingeführt und ist seit 1986 im Nationalrat vertreten. Die bisherige Kleinpartei FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs) profilierte sich als Protestpartei und stieg 1994 mit 22,6 % zur Mittelpartei auf. Von ihr spaltete sich 1993 das Liberale Forum ab.

Die Kritik an den großen Parteien fällt deshalb auf fruchtbaren Boden, weil Österreich als Prototyp eines Parteienstaats gelten kann. Die Mitgliederzahlen von ÖVP und SPÖ stellen im internationalen Vergleich Spitzenwerte dar. Die Parteien bestimmen nicht nur Nationalrat und Bundesregierung, sondern sind darüber hinaus unter anderem auch in der öffentlichen Verwaltung, den größeren Interessenvertretungen (Kammern, Österreichischer Gewerkschaftsbund), im staatlichen Rundfunk (ORF), den verstaatlichten Unternehmen und im Schulbereich vertreten. Da die heutige Mediendemokratie durch einen starken Informationsvorsprung der Parteispitzen und die Erfordernisse einer effizienten Wahlkampfführung gekennzeichnet ist, sind die Mitbestimmungsmöglichkeiten der einfachen Mitglieder stark zurückgegangen.


Literatur: A. Pelinka und F. Plasser (Hg.), Das österreichische Parteiensystem, 1988.


 
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