„Die Medicin"

Über Gustav Klimts Deckengemälde „Die Medicin" In: Ver sacrum, 1901, 2

Dieses hervorragende Werk unserer gegenwärtigen Ausstellung übt eine außerordentliche Anziehungskraft auf das Publikum aus. Da seine Vorzüge rein künstlerischer Art sind, wäre es ein erfreuliches Zeichen, wenn das Bild als solches, als Kunstwerk, die Menschen lockte. Leider ist es aber die Sensation, die Neugierde, die sie hereinführt. Aufgeregt durch Disputationen, gereizt und irregeführt durch Lob und Tadel öffentlicher Besprechungen, will man das Bild wohl gesehen haben, entschließt sich aber nicht, es ernst und ruhig zu betrachten, um der Arbeit eines Künstlers gerecht zu werden, der durch eine Reihe von großen Werken bewiesen hat, dass er ernst zu nehmen sei. Nach zwei Richtungen hin werden dem Bilde Klimts Vorwürfe gemacht, die zur Stellungnahme zwingen: Man sagt, es sei keine würdige Darstellung des gegebenen Thema „Die Medicin". Damit soll diese ernste Arbeit in ihrer geistigen Bedeutung getroffen werden. Man spricht ihm aber auch den dekorativen Wert ab und will es somit als unzulänglich für seine Bestimmung als Deckenschmuck der Universitätsaula hinstellen.

 

 

 

 

„Die Medicin"

Arthur Schnitzler,
Liebelei, 1895

Sigmund Mayer,
Die Wiener Juden, 1917