Johann Nestroy, Freiheit in Krähwinkel, 1849

KRÄHWINKLER BÜRGER, darunter NACHTWÄCHTER, PEMPERL und SCHABENFELLNER (sitzen an einem großen Tisch und trinken)

CHOR: Was recht is, is recht, doch was z'viel is, is z'viel, Der Chef unserer Stadt tut mit uns, was er will! D' ganze Welt tut an Freiheit sich lab'n, Nur wir Krähwinkler soll'n keine hab'n. Die Krähwinkler, Mordsapprament, Sind eb'nfalls ein deutsch's Element,

Drum lass'n wir jetzt nimrner nach, Freiheit muss sein! Wir erringen s', und sperren s' uns auch lebenslänglich ein.

NACHTWÄCHTER: Anders muss's werd'n und anders wird's werd'n, die Zeiten der Finsternis sind einmal vorbei.

PEMPERL: Wenn die Finsternis abkommt, können d' Nachtwachter alle verhungern.

NACHTWACHTER: Hör' auf, Klampferer, mit deine blechernen G'spaß! Wir sitzen hier versammelt als Kein der Krähwinkler Bürgerschaft, und da kann nur von Geistesfinsternis die Red' sein.

SCHABENFELLNER: Mir wär' die Freiheit schon recht, wenn ich nur wusst', ob dann die hiesige Nationalgard' Grenadierrnützen kriegt.

NACHTWÄCHTER: Sie sind viel mehr Kürschner als Mensch.

PEMPERL: Durch die Freiheit kommt auch 's Fuchsschwanzen ab, is wieder ein Schaden für die Kürschner.

NACHTWÄCHTER: Von einem Menschen, der seine War' aus Russland bezieht, kann man nichts Liberales erwarten.

PEMPERL: Still, ich glaub' - richtig, 's kommt einer vom Amt.

 

 

Stefan Zweig,
Die Welt von Gestern, 1942

Epilog zur Abschlussvorstellung des alten Burgtheaters

Johann Nestroy,
Freiheit in Krähwinkel, 1849

Arthur Schnitzler

Joseph Roth