Stefan Zweig, Die Welt von Gestern, 1942

Die kaiserliche Burg war das Zentrum nicht nur im räumlichen Sinn, sondern auch im kulturellen der Übernationalität der Monarchie. Um diese Burg bildeten die Palais des österreichischen, polnischen, tschechischen, ungarischen Hochadels gewissermaßen den zweiten Wall. Dann kam die „gute Gesellschaft" bestehend aus dem kleineren Adel, der hohen Beamtenschaft, der Industrie und den „alten Familien", darunter dann das Kleinbürgertum und das Proletariat. Alle diese Schichten lebten in ihrem eigenen Kreise und sogar in eigenen Bezirken, der Hochadel in seinen Palästen im Kern der Stadt, die Diplomatie im dritten Bezirk, die Industrie und die Kaufmannschaft in der Nähe der Ringstraße, das Kleinbürgertum in den inneren Bezirken, dem zweiten bis neunten, das Proletariat in dem äußeren Kreis; alles aber kommunizierte im Theater und bei den großen Festlichkeiten wie etwa dem Blumenkorso im Prater, wo dreimal hunderttausend Menschen die „oberen Zehntausend" begeistert in ihren wunderbar geschmückten Wagen akklamierten.

 

Stefan Zweig,
Die Welt von Gestern, 1942

Epilog zur Abschlussvorstellung des alten Burgtheaters

Johann Nestroy,
Freiheit in Krähwinkel, 1849

Arthur Schnitzler

Joseph Roth