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Nation - Natterer, Josef (1/25)
Nation - Natterer, Josef Nationalbank, Oesterreichische, OeNB

Nation


Nation (von lateinisch "natio" bzw. "nasci" = geboren werden), die geographische oder soziale Herkunft, der Geburtsort; manchmal auch als Bezeichnung für kollektive Eigenschaften (zum Beispiel Konzilsnation, Universitätsnation) und für historisch-politische Einheiten und deren Angehörige ("Adelsnation" für Ungarn und Polen bis in das 19. Jahrhundert gebräuchlich). Durch Naturrecht sowie die Ideen der Aufklärung und der Französischen Revolution erweiterte sich der Anspruch auf Gleichheit und politische Mitbestimmung von der ständischen Nation auf alle Staatsbürger ("Staatsnation"). Wirtschaftliche, politische und soziale Entwicklungen erforderten eine einheitliche Hochsprache, daher ist seither mit dem Begriff der Nation die Vorstellung einer gemeinsamen Sprache (und damit Abstammung, Geschichte und Kultur) eng verbunden. In der Habsburgermonarchie kam es durch Reformabsolutismus und Widerstand gegen das revolutionäre Frankreich zum Versuch einer Staatsbürgergesellschaft im Sinn einer österreichischen Nation, die alle Sprachgruppen umfassen sollte. Die Entwicklung scheiterte aber am Widerstand des Hofes und der traditionalistischen (Land-)Stände in den Ländern der Monarchie sowie an den Vertretern des jungen nationalen Denkens. Nationen entstanden daher in der Monarchie aus einzelnen Sprachgruppen, wozu sowohl die Eigenheiten der alten Herrschaftsgebiete (Böhmen, Polen, Ungarn, Kroatien usw.) als auch die bildungsbürgerlichen Schichten beitrugen. In den deutschsprachigen Gebieten der Monarchie bildete sich ein Nationalbewusstsein, das sich selbst einerseits dem österreichischen Kaiserstaat, andererseits der "deutschen Kultur" (deutsch-österreichisches Nationalbewusstsein) zuordnete. Gleichzeitig erfolgte eine deutsche Nationsbildung innerhalb des Deutschen Bundes, die aber die deutschsprachigen Österreicher (Deutscher Zollverein, Frankfurt 1849, Königgrätz 1866) ausklammerte. Die radikalen deutschnationalen Gruppen in Österreich (G. vonSchönerer) negierten ab den 1880er Jahren die Monarchie, zudem erlitt die österreichische Komponente des deutsch-österreichischen Nationalbewusstseins durch das Ende von Österreich-Ungarn eine starke Schwächung; dies erklärt den Anschlusswunsch vom 12. 11. 1918. Der Mangel an Nationalbewusstsein trug trotz einiger Versuche ab 1933, das österreichische Bewusstsein zu stärken, zur inneren Zersplitterung und letztlich zur Selbstaufgabe Österreichs 1938 bei. Der Anschluss an das nationalsozialistische Deutschland brachte dann die österreichische Besonderheit wieder stärker ins Bewusstsein, und der Zusammenbruch 1945 schwächte die "deutsche" Komponente im Nationalbewusstsein der Österreicher entscheidend; der Widerstand gegen den Nationalsozialismus in Österreich war häufig durch ein besonderes ausgeprägtes Österreichbewusstsein motiviert.

Die ÖVP bekannte sich im Parteiprogramm 1945, die Regierung Figl in der Regierungserklärung (Dezember 1945) zur österreichischen Nation. Seit den 60er Jahren nahm die Zustimmung zu einer eigenen österreichischen Nation auf breiter Basis rasch zu: 1993 waren 80 % der Österreicher der Meinung "Österreich ist eigene Nation", und 12 % begannen sich langsam als Nation zu fühlen.


Literatur: F. Kreissler, Der Österreicher und seine Nation, 1984; G. Stourzh, Vom Reich zur Republik, 1990; E. Bruckmüller, Österreichbewußtsein im Wandel, 1994.


 
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