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Grillparzer, Franz© Copyright Franz Grillparzer. Aquarell von M. M. Daffinger, 1827 (Historisches Museum der Stadt Wien). Grillparzer, Franz, * 15. 1. 1791 Wien, 21. 1. 1872 ebenda, Dramatiker, Erzähler und Lyriker. Grillparzer war wohl eine der künstlerisch vielseitigsten und menschlich widersprüchlichsten Dichterpersönlichkeiten Österreichs. Der Sohn des einflussreichen Wiener Rechtsanwalts Wenzel Grillparzer ( 1809) und dessen Ehefrau Anna Franziska ( 1819, Selbstmord), einer Schwester des Hoftheatersekretärs J. Sonnleithner, schrieb in seiner "Selbstbiographie", dass in ihm "zwei völlig abgesonderte Wesen (leben). Ein Dichter von der übergreifendsten, ja sich überstürzenden Phantasie und ein Verstandesmensch der kältesten und zähesten Art." Grillparzer besuchte 1796-99 die Normalschule St. Anna und als Privatist die der Piaristen, ab der 2. Klasse wechselte er als öffentlicher Schüler in das Gymnasium St. Anna. An der Wiener Universität studierte er Philologie (1807-09) und Jus (1807-11). 1812 nahm Grillparzer eine Stelle als Hofmeister bei Graf Seilern an. 1813 arbeitete er als unbezahlter Konzeptspraktikant in der Hofbibliothek und wurde 1823 (nach verschiedenen anderen Ämtern) Hofkonzipist in der Allgemeinen Hofkammer. 1832 bis zu seiner Pensionierung 1856 war er Direktor des Hofkammerarchivs (Archive). Grillparzer war 1847 Gründungsmitglied der Österreichen Akademie der Wissenschaften und ab 1861 Mitglied des Herrenhauses auf Lebenszeit. Seine ersten Versuche als Dramatiker fallen bereits in seine Studienzeit. 1807 verfasste er das Trauerspiel "Blanka von Kastilien", das - von Sonnleithner abgelehnt - bis 1958 unaufgeführt blieb. Durch die Veröffentlichung eines Teils seiner Übersetzung des Dramas "Das Leben ein Traum" von Calderon in der "Wiener Moden-Zeitung" 1816 wurde J. Schreyvogel, Dramaturg des Hofburgtheaters, auf ihn aufmerksam. Zunächst erbost über den vermeintlichen Angriff auf seine eigene Fassung, wurde Schreyvogel in der Folgezeit zum geistigen Mentor und bedeutendsten Förderer Grillparzers. Auf seinen Rat hin überarbeitete Grillparzer das Trauerspiel "Die Ahnfrau", das bereits im Januar 1817 am Hofburgtheater uraufgeführt wurde. Anschließend verfasste Grillparzer die Künstlertragödie "Sappho" (1819), mit der er überaus erfolgreich war und einen 5-Jahres-Vertrag als k. k. Hoftheaterdichter erhielt, den er aber bereits 1821 wieder löste. Reisen führten ihn nach Italien, Griechenland, Deutschland (hier traf er 1826 mit Goethe zusammen), Frankreich und in die Türkei, wodurch Grillparzer mit verschiedenen politischen Systemen und Geistesströmungen in Berührung kam. Seine produktivste und fruchtbarste Zeit war die zwischen 1820 und 1831. Mit dem Gedicht "Die Ruinen des Campo Vaccino" (1820) löste er heftige Abwehrreaktionen von Seiten des Hofes aus; ab diesem Zeitpunkt verschärften sich Grillparzers Schwierigkeiten mit der Zensur. Für L. van Beethoven schrieb Grillparzer das Libretto zur Oper "Melusina" (1823), die Beethoven aber nicht ausführte. Werke wie die Trilogie "Das goldene Vlies" ("Der Gastfreund", "Die Argonauten", "Medea", 1822), die Trauerspiele "König Ottokars Glück und Ende" (1825, darin die bekannte "Hymne auf Österreich") oder "Ein treuer Diener seines Herrn" (1830) wurden vollendet und vom Publikum zustimmend aufgenommen. In diese Zeit fallen auch seine Liebschaften mit C. von Paumgartten, seiner "ewigen Braut" K. Fröhlich sowie M. von Smolk-Smolenitz, die Grillparzers Œuvre wohl am nachhaltigsten prägte. Ausdruck dessen ist etwa die zwischen 1826 und 1828 verfasste Liebeslyrik, veröffentlicht 1835 unter dem Titel "Tristia ex Ponto". 1828 erschien die Erzählung "Das Kloster von Sendomir". Der 1831 am Hofburgtheater aufgeführten Liebestragödie "Des Meeres und der Liebe Wellen" blieb die Zustimmung des Publikums versagt. Seinen letzten großen Theatererfolg feierte Grillparzer 1834 mit dem dramatischen Märchen "Der Traum ein Leben". Nach dem Misserfolg des 1838 uraufgeführten Lustspiels "Weh dem, der lügt!" zog sich Grillparzer vom Theater zurück. Bis auf wenige Ausnahmen (zum Beispiel "Esther"-Fragment, 1868) verwehrte sich Grillparzer fortan gegen weitere Aufführungen neuer Werke. In seinem Testament verfügte er sogar, die 3 Altersdramen "Ein Bruderzwist in Habsburg", "Die Jüdin von Toledo" und "Libussa", alle in den Jahren 1847-51 geschrieben, zu vernichten. Die Uraufführungen fanden erst nach seinem Tod statt. 1847 erschien im Almanach "Iris" die Erzählung "Der arme Spielmann", eine Allegorie des eigenen inneren Zwiespalts. Ein wichtiges Alterswerk ist auch die (Fragment gebliebene) "Selbstbiographie" (1872), die auf Tagebüchern basiert und 1853 für die Österreichische Akademie der Wissenschaften geschrieben wurde. Grillparzers Bühnenwerke gewinnen ihre dramatische Spannung aus der Ambivalenz zwischen äußerer (staatlicher) Pflicht und eigenem Anspruch. Sie spiegeln somit auch die politische Unentschlossenheit Grillparzers, der zwar ein Gegner Metternichs war, aber dem "Freiheitstaumel" der Revolution 1848 skeptisch gegenüberstand (Lobgedicht "Feldmarschall Radetzky", 1848). © Copyright Franz Grillparzer. Wohnzimmer mit Schreibtisch und Klavier aus seinem Wohnhaus in der Spiegelgasse in Wien 1. Aquarell von F. Alt, 1872 (Historisches Museum der Stadt Wien). Ausgaben: Sämtliche Werke, Historisch-kritische Gesamtausgabe, herausgegeben von A. Sauer und R. Backmann, 42 Bände, 1909-48; Ausgewählte Werke, herausgegeben von O. Rommel, 10 Bände, 1919; Werke, herausgegeben von H. Bachmaier, 6 Bände, 1986ff. Literatur: J. Nadler, F. Grillparzer, 1948; P. von Matt, Der Grundriß von Grillparzers Bühnenkunst, 1965; H. Politzer, F. Grillparzer oder Das abgründige Biedermeier, 1972; W. E. Yates, "Die Jugendeindrücke wird man nicht los ...", 1973; F. Sengle, Biedermeierzeit, Band 3, 1975; D. C. G. Lorenz, Grillparzer. Der Dichter des sozialen Konflikts, 1986; H. Bachmaier, F. Grillparzer, 1990; Zwischen Weimar und Wien. Grillparzer - ein Innsbrucker Symposion, herausgegeben von S. Kettenhammer, 1992; H. Haider-Pregler (Hg.), Stichwort Grillparzer, 1994; G. Neumann (Hg.), F. Grillparzer, 1994; G. Scheit, F. Grillparzer, 31999. Verweise auf andere Alben:
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