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Bundesamtsgebäude - Bundes-Lehr- und Versuchsanstalten (15/25)
Bundesgesetzgebung Bundeshymne, österreichische

Bundesheer


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Bundesheer: Dienstgradabzeichen. Die Farbe bezeichnet die Waffengattung (hier: Grün für Jägertruppe).




Bundesheer: Nach dem Ende des österreichischen Heerwesens der Monarchie bestand von November 1918 bis Ende 1919 als bewaffnete Macht der jungen Republik die Volkswehr, deren Formationen (1 Bataillon pro politischem Bezirk) neben Wach- und Sicherungsaufgaben auch Kampfeinsätze im Kärntner Abwehrkampf durchführten. Im Staatsvertrag von Saint-Germain-en-Laye 1919 wurde Österreich nur ein Berufsheer in der Stärke von 30.000 Mann mit stark eingeschränkter Bewaffnung erlaubt. Bis 1935 war das Bundesheer in 6 Infanteriebrigaden gegliedert.

1936 wurde mit stiller Duldung der Westmächte die allgemeine Wehrpflicht wieder eingeführt und eine Neuorganisation beschlossen, die 1938 aus 7 Infanteriedivisionen, einer Schnellen Division, einer Brigade sowie schwachen Luftstreitkräften bestand.

Das Bundesheer war in der 1. Republik auch ein innenpolitisches Instrument und wurde von der Regierung in den bewaffneten Auseinandersetzungen des Jahres 1934 gegen die paramilitärischen Formationen von Sozialdemokraten und Nationalsozialisten eingesetzt (Februarkämpfe 1934, Juliputsch 1934). Auf Befehl der Regierung leistete das Bundesheer beim Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Österreich im März 1938 keinen Widerstand (Anschluss). Bis Herbst 1938 wurde der Großteil der Offiziere und Soldaten in die deutsche Wehrmacht übernommen, 2 Wehrkreise (XVII, Wien, und XVIII, Salzburg) wurden auf ehemals österreichischem Gebiet gebildet.

Wenn auch einige Divisionen der deutschen Wehrmacht einen hohen Prozentsatz an Österreichern aufwiesen, so gab es doch keine rein österreichischen Truppenkörper. Von den mehr als 1,25 Millionen Österreichern, die im Zweiten Weltkrieg in der deutschen Wehrmacht dienten, ist ein Fünftel (247.000 Soldaten) nicht aus dem Krieg zurückgekehrt.

Trotz einiger Planungen in der Provisorischen Regierung Renner (Heeresamt) gab es zwischen 1945 und 1955 kein Bundesheer Jedoch kann die Bundesgendarmerie (ab August 1952 in den Besatzungszonen der westlichen Alliierten) als personelle Keimzelle des späteren Bundesheers angesehen werden. Wenige Wochen nach Abschluss des Staatsvertrags von Wien wurden im Juli 1955 die Gendarmerieschulen in den westlichen Besatzungszonen in Provisorische Grenzschutzabteilungen umbenannt. Sie unterstanden dem 1945 geschaffenen Amt für Landesverteidigung, einer Sektion des Bundeskanzleramts, bzw. seit 15. 7. 1956 dem Verteidigungsministerium. Das Wehrgesetz vom 7. 9. 1955 regelt den Oberbefehl und die Aufgaben des Bundesheers und legt die Ergänzung durch die allgemeine Wehrpflicht fest (ursprüngliche Dauer des Präsenzdienstes 9 Monate). Die erste Einberufung von Wehrpflichtigen erfolgte am 15. 10. 1956. Seit 1975 besteht die Möglichkeit zur alternativen Ableistung eines Zivildienstes (bis 1991 mit Gewissensprüfung). Die Kompetenzen dazu liegen beim Bundesministerium für Inneres.

Das Bundesheer hat, der Bundesverfassung und dem Wehrgesetz entsprechend, die Aufgabe der militärischen Landesverteidigung, daneben dient es dem Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen, der Aufrechterhaltung von Ordnung und Sicherheit im Inneren und wird zur Hilfeleistung bei Elementarereignissen und Katastrophen herangezogen. Die militärischen Angelegenheiten in Gesetzgebung und Vollziehung sind Bundessache. Den Oberbefehl über das Bundesheer führt der Bundespräsident; das Verfügungsrecht und die Geschäfte der obersten Bundesverwaltung sind dem Bundesministerium für Landesverteidigung und der Bundesregierung übertragen. Die Befehlsgewalt über die Kommandos, Truppen, Behörden, militärische Dienststellen und Heeresanstalten übt der Bundesminister für Landesverteidigung durch die Kommandanten und Leiter aus. Der dem Bundeskanzleramt beigeordnete Landesverteidigungsrat besteht aus Mitgliedern der Bundesregierung, der militärischen Führung und aus Vertretern der politischen Parteien; er ist in Verteidigungsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu hören und hat Besuchsrecht bei allen militärischen Einrichtungen. Der Generaltruppeninspektor ist engster militärischer Berater des Ministers.

Das Bundesgebiet war bis 1973 in 3 Gruppenbereiche (Wien, Graz, Salzburg) mit 7 Einsatzbrigaden (bis 1962: 9) eingeteilt (Kommanden in Eisenstadt, Krems, Hörsching, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Götzendorf). Gruppe I befehligte 3 Brigaden, Gruppe II und III je 2 Brigaden. Jede Gruppe verfügte außerdem über ein Ausbildungsregiment, ein Telegraphenbataillon, ein Panzer- und ein Pionierbataillon sowie ein Versorgungsregiment. Bei jeder Brigade bestand ein Ausbildungsbataillon. Innerhalb der 7 Brigaden waren Einsatz- und Ausbildungstruppen getrennt, so dass die Jungmänner zunächst in Ausbildungsbataillonen ihre dreimonatige Grundausbildung erhielten und anschließend in den Einsatzbataillonen der Verbandsausbildung unterzogen wurden. In jedem Bundesland wurden selbständige Militärkommanden für die territoriale Verteidigung einschließlich Grenzschutz eingerichtet. Die Luftstreitkräfte unterstanden einem eigenen Kommando.

Engpässe bei der personellen Struktur und materiellen Ausstattung führten neben sozialen und politischen Veränderungen in Österreich ab 1970 zu einer weiteren Reform des Bundesheers, das nach den Vorschlägen der Bundesheer-Reformkommission ab Sommer 1971 neu organisiert wurde. Im Juli 1971 wurde die Dauer des Wehrdienstes auf 6 Monate und 60 Tage Truppenübungen geändert.

Die Änderung des Konzepts von der Grenzverteidigung zur Raumverteidigung bedingte eine Neugliederung des Bundesheers: Die Bereitschaftstruppe (30 Bataillone) sollte schnell zur Verfügung stehen; die Milizstruktur des Bundesheers wurde ausgebaut (mobile Landwehr mit 8 Jägerbrigaden, raumgebundene Landwehr mit 30 Landwehrregimentern sowie zahlreiche Wach- und Sicherungskompanien). 1986 betrug der Mobilmachungsrahmen 186.000 Mann, Mitte der 90er Jahre 300.000 Mann. Am 1. 7. 1973 wurde das Armeekommando als eine dem Verteidigungsministerium nachgeordnete Führungsebene geschaffen (ab Juni 1978 als Sektion III der Zentralstelle eingegliedert; mit 1. 7. 1991 aufgelöst). Aus den bisherigen 3 Gruppenkommanden und dem Kommando der Luftstreitkräfte entstanden die Korpskommanden I und II (1. 1. 1974), die (1.) Panzergrenadier- und die Fliegerdivision.

Die massiven politischen Veränderungen in Europa nach 1989 führten neben budgetären und personellen Überlegungen zu einer neuerlichen Heeresreform ab 1991 ("Heeresgliederung neu 1995"). Das Armeekommando wurde aufgelöst, dafür aus dem Kommando der 1. Panzergrenadierdivision ein III. Korps gebildet. Die neue Struktur des Heeres umfasste in der Friedensorganisation 3 Panzergrenadierbrigaden und 13 aus den 30 Landwehrstammregimentern gebildete Jägerregimenter. Die Einsatzorganisation sah damit 16 Brigaden mit einem Mobilmachungsstand von 150.000 Mann (einschließlich Reserven) vor. Damit verbunden war das Abgehen vom Konzept der Raumverteidigung und der Übergang zu einer grenznahen Einsatzdisposition.

Für 1998-2000 wurde vom Ministerrat eine neue Heeresstruktur beschlossen: Das Korpskommando III wurde ersatzlos aufgelöst; das Bundesheer ist (ähnlich wie 1973-95) wieder in 2 Korps gegliedert: Dem I. Korps (Kommando in Graz für Steiermark, Niederösterreich, Burgenland und Kärnten) unterstehen die 1. und 7. Jägerbrigade (die 1. mit Pandur-Radpanzern, die 7. luftbeweglich) sowie die 3. Panzergrenadierbrigade, dem II. Korps (Kommando in Salzburg für Oberösterreich, Salzburg, Tirol und Vorarlberg) die 4. Panzergrenadierbrigade und die 6. Jägerbrigade (gebirgsbeweglich); dazu kommen jeweils Korpstruppen und andere. Dem Verteidigungsministerium unmittelbar nachgeordnet sind die Fliegerdivision, das Militärkommando Wien sowie Ämter, Akademien und Schulen. Der Mobilmachungsstand wurde auf 120.000 Mann reduziert.

Seit 1998 besteht die Möglichkeit eines freiwilligen Wehrdienstes für Frauen (Laufbahn als Berufsoffizier bzw. Berufsunteroffizier); im Rahmen von Auslandseinsätzen waren Frauen schon früher eingesetzt.

2002 wurden das Verteidigungsministerium und die unmittelbar nachgeordneten Dienstellen neu gegliedert. Es wurde 3 Sektionen (Zentralsektion, Kontrollsektion, Generalstab) eingerichtet. Die Korpskommanden wurden aufgelöst, das Kommando Landstreitkräfte (Salzburg) wurde gegründet.Die Aufgaben der Luftstreitkräfte wurde im Kommando Luftstreitkräfte, die Auslandseinsätze im Kommando Internationale Einsätze (Graz) und die Spezialeinsätze im Kommando Spezialeinsatzkräfte (Wr. Neustadt) zusammengefasst.

Seit 1960 haben sich fast 40.000 Angehörige des Bundesheers an friedenserhaltenden Operationen der Vereinten Nationen beteiligt (UN-Einsätze). Aufgrund der erhöhten Beteiligung an internationalen Friedensoperationen und humanitären Einsätzen kommt dem Kaderpersonal größere Bedeutung zu, als dies im traditionellen Milizsystem der Fall war. Im Rahmen eines Assistenzeinsatzes überwacht das Bundesheer zur Unterstützung der Gendarmerie seit 1990 die österreichische Grenze zu Ungarn. Bis 2000 haben rund 1,8 Millionen Österreicher im Bundesheer gedient.


Literatur: L. Jedlicka, Ein Heer im Schatten der Parteien, 1955;  E. A. Schmidl, März 1938. Der deutsche Einmarsch in Österreich, 1987; M. Rauchensteiner und W. Etschmann (Hg.), Schild ohne Schwert, Forschungen zur Militärgeschichte 2, 1991; M. Rauchensteiner, W. Etschmann und J. Rausch, 1000 Nadelstiche, Forschungen zur Militärgeschichte 3, 1994;.W. Etschmann  und H. Speckner(Hg.),  Zum Schutz der Republik, 50 Jahre Bundesheer, 2005; W. Theuretsbacher und R. M. Urrisk, Ein Heer zwischen politischen  und militärischen Blöcken, 2005


 
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