Arthur Schnitzler
Gespräch in der Kaffeehausecke

„Hier wollen wir bleiben", sagte Anatol und ließ sich auf dem roten Samtfauteuil nieder. Fred setzte sich ihm gegenüber und zog die gelben Fenstervorhänge fester zu. Es war spät am Abend und das Kaffeehaus wenig besucht. Über den Billardtischen waren die Gasflammen ausgedreht, die Kassierin rechnete weiter, nachdem sie einen flüchtigen Blick auf die Neueingetretenen geworfen.

„Da gefällt es mir", fuhr Anatol fort, nachdem er sich eine neue Zigarre angezündet. „Kein Lärm, sehr angenehm zu sitzen, der Tisch wackelt nicht - ja, da bleiben wir." „Aber kein Kellner zu sehen", warf Fred ein, obwohl ihn bereits zwei derselben gefragt hatten, was er befehle. In diesem Augenblick standen auch schon die zwei Tassen schwarzen Kaffees, die Anatol bestellt hatte, vor den beiden Freunden.

„Ach so", sagte Fred und warf zwei Stück Zucker in seine Tasse. „Findest du nicht auch, dass wir hier bleiben könnten?" fragte Anatol. „Das Lokal hat etwas Alt-Wienerisches, was mir sehr sympathisch ist. Die Billards sind viel zu lang, die Kassierin ist viel zu hässlich, die Decke ist viel zu grau, die Beleuchtung viel zu schlecht - lauter Dinge, die ich sehr hübsch finde. Und dabei, wie gesagt, sitzt man sehr angenehm."

„Ich nicht", fand Fred, der, eine Zeitung in der Hand, nervös hin und her rückte. Anatol schob den Vorhang von dem Fenster leicht zurück und blickte hinaus. Da war eine dunkle Straße der Innenstadt, nur ein Gewölbewächter schritt auf und ab; es schneite ein wenig, das Pflaster aber war grau und nass. „Stimmungslos", sagte Anatol und ließ den Vorhang wieder fallen.

Nach geraumer Zeit erst fragte Fred. „Was sagtest du?"

„Nichts. Hast du Paul heute gesehen?"

„Ja, vormittag; ich war bei ihm in der Redaktion. Er hat viel zu tun, er arbeitet wahrscheinlich noch. - Wo warst du im übrigen heute?"

 

 

 

Stefan Zweig,
Die Welt von Gestern, 1942

Arthur Schnitzler,
Gespräch in der Kaffeehausecke