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Erbse, Heimo - Ermacora, Felix (13/25)
Erdwärme Erggelet, Johann Fidel

Erfindungen und Erfinder


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Die erste Nähmaschine, 1815, von J. Madersperger (Technisches Museum, Wien).




Erfindungen und Erfinder: Der Beitrag Österreichs zur Geschichte der Erfindungen ist bedeutend. In zahlreichen Fällen ist allerdings die Priorität einer Erfindung nicht eindeutig zu klären. Vielfach wurde an einem Problem in mehreren Ländern gleichzeitig und unabhängig voneinander gearbeitet, so dass es zu Parallelerfindungen kam. Andererseits waren zwar noch im 18. und 19. Jahrhundert Erfindungen in der Regel das Werk einzelner Personen, vielfach von Praktikern, doch wurden sie in den letzten Jahrzehnten zunehmend das Resultat wissenschaftlicher Forschung in größeren Einheiten. Die wirtschaftliche Realisierung von Erfindungen spielt sich zudem in einem Zyklus von der Invention über die Innovation bis zur Diffusion (Verbreitung) ab.

Technische Erfindungen werden mit Rücksicht auf ihre Bedeutung für die wirtschaftliche Entwicklung gesetzlich geschützt. In Österreich begann die systematische gesetzliche Regelung unter Franz II. mit einer Verordnung vom 24. 12. 1794 über die Vergabe von Privilegien für die Erfindung nützlicher Maschinen oder ganz neuer Fabrikate. Weitere Privilegiengesetze folgten 1810, 1820 sowie 1852 und schließlich trat 1897 das Patentgesetz in Kraft, gültig in der Fassung von 1970 (Bundesgesetzblatt 259/1970). Dieses Gesetz schützt neue Erfindungen, die eine gewerbliche Anwendung zulassen, auf die Dauer von 18 Jahren.

Österreichische Erfindungen und Erfinder können in der Regel auf jenen Gebieten verzeichnet werden, die eine ökonomisch bedeutende Rolle spielten. Dabei handelt es sich im Allgemeinen um Beiträge zur technischen Entwicklung, die entweder einem speziellen österreichischen Know-how erwuchsen oder ein spezielles österreichisches Bedürfnis befriedigten. Nur wenige Erfindungen waren von internationaler Bedeutung und konnten wirtschaftlich genutzt werden. Dazu gehören etwa die Erfindungen von C. Auer von Welsbach (Gasglühstrumpf), L. Hatschek (Asbestzement), M. Thonet (Bugholzmöbel), V. Kaplan (K.-Turbine) und J. Ressel (Schiffsschraube). Dagegen blieben J. Kravogl (elektrisches Kraftrad), O. Nußbaumer (Radiodetektor), J. Madersperger (Nähmaschine), P. Mitterhofer (Schreibmaschine) und S. Marcus (Automobil) wirtschaftliche Erfolge versagt.

Zu jenen Branchen, die über Jahrhunderte die österreichische Volkswirtschaft entscheidend prägten, gehörten der Bergbau und das Hüttenwesen. Für die Erzaufbereitung entwickelte P. von Rittinger (1811-72) ein neues Verfahren auf nassem Wege, und H. Fleissner (1881-1928) stellte die Erz- und Kohlentrocknung auf eine neue Grundlage. Bei der Einführung der Tiegelgussstahlerzeugung leisteten die Familie Rosthorn in Lippitzbach ab 1793, M. Miller (1769-1833) in St. Aegyd am Neuwalde und J. H. Bleckmann (1826-91) mit seinem Phönix-Stahlwerk in Mürzzuschlag Pionierarbeit. In Mürzzuschlag arbeitete auch Max Mauermann (1868-1929), der 1913 den rostfreien Stahl erfand. Eine Revolutionierung im Stahlbetonbau bedeutete die Erfindung des TOR-Stahls ("Torsionsstahl") 1936 durch Rudolf Schmidt (1894-1955). Weitere bedeutende Metallurgen waren P. Schwarzkopf (1886-1970), der Begründer der Pulvermetallurgie und der Metallwerke Plansee in Reutte 1921, und H. Jüptner-Jonstorff (1853-1941). Eine international bedeutende Neuerung in der Stahlerzeugung stellt das in Linz entwickelte LD-Verfahren dar.

Von zentraler Bedeutung für die Entwicklung der Industrialisierung wurde im Lauf des 19. Jahrhundert der Maschinenbau. Für die konstruktive Weiterentwicklung der lange Zeit dominanten Dampfmaschine leisteten L. Baudiß (1861-1914) und A. Collmann (1851-1937) mit neuen Dampfsteuerungen wichtige Beiträge. H. Hörbiger (1860-1931), der Schöpfer der Welteislehre, erfand ein neues Plattenventil für Gebläse, Pumpen und Kompressoren. Zahlreicher sind die Erfindungen einzelner Produktionsmaschinen: C. G. Hornbostel (1778-1841) erzeugte erstmals Seidenstoffe auf Maschinenwebstühlen und E. Fehrer (* 1919) erlangte seit 1948 mehrere hundert Patente für den Bau neuer Textilmaschinen. Weltweit vergleichbare Exporterfolge kann seit den 50er Jahren das Linzer Unternehmen Plasser & Theurer mit seinen Bahnbaumaschinen verzeichnen. Für die aufstrebende Zündholzindustrie stellte V. Czerweny (1877-1956) in Deutschlandsberg 1898 die erste automatische Zündholzmaschine her. Den ersten Personenaufzug in Wien installierte 1870 A. Freissler (1838-1916). Aus Mürzzuschlag stammte V. Kaplan (1876-1934), der Erfinder jener Niederdruckwasserturbine, die aufgrund ihrer verdrehbaren, flügelartigen Laufradschaufeln zur Ausnutzung großer, stark schwankender Wassermengen bei geringem Gefälle geeignet ist. Die Kaplanturbine kommt daher weltweit vor allem in großen Flusskraftwerken zum Einsatz. Eine Weiterentwicklung ist die seit 1936 gebaute Rohrturbine. Ein Fortschritt in der maschinellen Holzbearbeitung war die 1830 von M. Thonet (1796-1871) in Wien erfundene Methode, mittels Heißdampf Holz zu biegen.

Eng mit dem Maschinenbau verbunden war von Beginn an die Entwicklung des Verkehrswesens. Mit der Erfindung der Schmiedepresse 1862 in einer Wiener Lokomotivfabrik leistete hier J. Haswell (1812-97) einen entscheidenden Beitrag zum Großmaschinenbau. Weitere erfolgreiche österreichische Lokomotivkonstrukteure waren G. Sigl (1811-87), der auch eine Buchdruckschnellpresse erfand, K. Gölsdorf (1861-1916), W. von Engerth (1814-84), der die erste Gebirgslokomotive für den Semmering entwarf, und A. Giesl-Gieslingen (1903-92), von dem die Erfindung eines Flachschornsteins für Dampflokomotiven stammt. Der Bau der Pferdeeisenbahn und der Semmeringbahn sicherte Österreich eine Vorreiterstellung im Eisenbahnbau. International als Eisenbahn-, Wasser- und Straßenbauingenieur war A. Negrelli (1799-1858) engagiert, berühmt durch die Planung des später von F. Lesseps ausgeführten Suezkanals.

Für die Entwicklung der Schifffahrt leistete J. Ressel (1793-1857) mit der Erfindung der am Heck angebrachten Schiffsschraube (Privileg 1827), die das bis dahin übliche Schaufelrad ersetzte, einen entscheidenden Beitrag. Ein Jahrhundert später erfand Ernst L. Schneider (1894-1975) den Zykloiden-Schiffspropeller, der eine unbegrenzte Manövrierfähigkeit der Schiffe am Stand gewährleistete. Neben dem Antrieb ist für die Schifffahrt die Gestaltung der Schiffskörper zur Überwindung des Wasserwiderstands wichtig: Mit der 1905 patentierten gleitenden Form schuf F. F. Maier (1844-1926) die bis heute gültige Grundlage für den Schiffsbau.

Der österreichische Pionier des Automobilbaus ist S. Marcus (1831-98), der 1853 als Mechaniker nach Wien kam. 1865 konstruierte er sein erstes Versuchsfahrzeug mit einem Benzinmotor. Das erhaltene Marcus-Automobil wurde 1875 oder 1888 gebaut und ist mit einem liegenden Einzylinder-Viertaktmotor mit magnetelektrischer Zündung und Spritzbürstenvergaser ausgestattet. Ebenfalls in Wien baute 1898 C. Gräf (1871-1939) seinen ersten Benzinwagen mit kardanischem Vorderradantrieb (Patent 1900); L. Lohner (1858-1925) konstruierte zusammen mit dem jungen F. Porsche (1875-1951) ab 1898 ein Elektroauto mit Radnabenmotoren in den Vorderrädern. Die Urform des Porsche-Wagens entstand nach dem 1. Weltkrieg in Gmünd (Kärnten). In Graz produzierte J. Puch (1862-1914) ab 1891 das erste fabriksmäßig hergestellte Fahrrad in Österreich und später auch Motorräder und Automobile. Ebenfalls in Graz gründete 1948 H. List (* 1896) die AVL, ein international tätiges Forschungs- und Entwicklungszentrum für Verbrennungskraftmaschinen.

Im Bereich der Luftfahrt experimentierte W. Kreß (1836-1913) ab 1877 mit Drachenfliegermodellen. Er erfand 1900 den Steuerknüppel, sein erster Startversuch 1901 scheiterte jedoch. Das erste Motorflugzeug in Österreich baute 1907 I. Etrich (1879-1967), der schon 1905 ein Patent für seine Flügelform und die Luftschraube erhalten hatte. Die "Etrich-Taube" wurde von E. Rumpler (1872-1940) nach 1910 zur "Rumpler-Taube" weiterentwickelt. Rumpler wurde 1921 auch durch den Bau des aerodynamischen "Tropfenautos" bekannt. D. Schwarz (1850-97) baute 1895/96 das erste Ganzmetall-Lenkluftschiff aus Aluminium.

Zu den frühen Pionieren der Elektrotechnik zählt der Tiroler J. Kravogl (1823-89), der für sein 1867 gebautes elektrisches Kraftrad, den Vorläufer des Elektromotors, ein Privileg erhielt. Für die Berechnung und den Bau von Dynamos und Transformatoren schuf G. Kapp (1852-1922), der Erfinder des Phasenschiebers, viele Grundlagen. Einen entscheidenden Baustein für den Bau von Radio- und Telephonapparaten lieferte R. von Lieben (1878-1913) 1905/06 mit der Verstärkerröhre und 1910 mit der Glühkathodenröhre. O. Nußbaumer war 1904 in Graz die erste drahtlose Musikübertragung gelungen. Für die Vermittlung in Telephonzentralen erfand G. Dietl (1862-1946) ein automatisches System mit dem Hebdrehwähler. Einen ersten transportablen Telegraphen konstruierte W. J. Gintl (1804-83). Der Gründer der "Elektra Bregenz", F. W. Schindler (1856-1920), zählt mit seiner erstmals 1893 bei der Weltausstellung in Chicago präsentierten elektrischen Küche (Privileg 1891) zu den Vorreitern der Elektrifizierung des Haushalts.

Im Bauwesen sind zwar weniger österreichische Erfindungen nachweisbar, doch leistete Österreich bei der Anwendung und Verbreitung des Stahlbetons grundlegende Beiträge. Zu erwähnen sind dabei F. I. Emperger (1862-1942), J. Melan (1853-1941) mit seiner Melan-Bauweise für Bogenkonstruktionen, G. A. Wayss (1851-1917) und A. Porr (1872-1915). Ein vor allem für Dachdeckungen und Fassadenverkleidungen universell verwendbares Material erfand 1901 L. Hatschek (1856-1914) mit dem Asbestzement (Eternit).

Die chemische Industrie war in Österreich lange Zeit von untergeordneter Bedeutung. C. Auer von Welsbach (1858-1929), der 1895 den Gasglühstrumpf, 3 Jahre später die Osmium-Metallfadenlampe und 1904 das Cer-Eisen für Feuerzeuge erfand, ist daher eine herausragende Ausnahme. Die Zündholzerzeugung erhielt mit der Verwendung des roten, ungiftigen Phosphors durch A. Schrötter von Kristelli (1802-75) eine neue Grundlage, und A. M. Pollack von Rudin (1817-84) erfand die Zündholzschiebeschachtel mit seitlichen Reibeflächen. Wirtschaftlichen Erfolg hatte J. N. Reithoffer (1781-1872) durch die Herstellung wasserdichter Stoffe (Privileg 1824) und die Verarbeitung von Kautschuk (1831). Ökonomisch verwerten konnte auch J. Hardtmuth (1758-1816) seine Erfindung der keramischen Bleistiftmine. Sein Enkel F. von Hardtmuth schuf 1889 den "Koh-i-noor"-Stift mit 17 Härtegraden.

Die Geschichte der Fotografie und des Films verzeichnet zahlreiche österreichische Erfindungen. Bereits 1840/41 verbesserte J. Natterer (1821-1900) die Silberplatten Daguerres; kurz danach gelang ihm die Verflüssigung von Kohlensäure. In Wien baute 1840 P. W. F. von Voigtländer (1812-78) die erste Ganzmetallkamera, für die J. Petzval (1807-91) das Porträtobjektiv berechnete. Von J. M. Eder (1855-1944) stammt eine Entwicklerlösung für verbesserte Farbwiedergabe. Zur Frühgeschichte des Films leistete S. Stampfer (1792-1864) mit der Erfindung des Laufbildes (Stroboskop) einen wichtigen Beitrag. 1904 erhielt A. Musger (1868-1929) ein Patent auf die Erfindung der Zeitlupe.

Die Erfindung des Steindrucks (Lithographie) durch A. Senefelder (1771-1834) 1799 revolutionierte die drucktechnische Wiedergabe von Abbildungen. Senefelder gründete 1803 in Wien die erste lithographische Druckanstalt. 1878 erfand K. Klíc (1841-1926) mit der Heliogravüre und dem Rakeldruck 2 neue Tiefdruckverfahren. J. Degen (1760-1848), auch ein Flugpionier, baute 1819 die erste Guillochiermaschine für den fälschungssicheren Banknotendruck. Ein Privileg auf die Erfindung eines Kopierautomaten erhielt 1883 N. Schlotterhoß (1852-92).

Im Bereich des Instrumentenbaus ist S. Plößl (1794-1868) zu erwähnen, der 1830 ein dialytisches Fernrohr und mehrere Mikroskope baute. Neue Objektive, die 1911 erfundene Fluoreszenzmikroskopie und die Metallmikroskopie (Metallographie) waren das innovative Ergebnis des Wiener Unternehmens von C. Reichert (1851-1922) und K. Reichert (1883-1953).

Zur Vorgeschichte des wissenschaftlichen Instrumentenbaus gehört die Konstruktion von Automaten in der Barockzeit: F. von Knaus (1724-89) entwickelte einen Schreibautomaten, W. von Kempelen (1734-1804) einen Schachautomaten und eine Sprechmaschine; J. N. Mälzel (1772-1838) entwarf einen Spielzeugpuppenautomaten und erfand 1816 ein Metronom zur Tempoangabe. Zum Instrumentenbau kann man auch die Erfindung einer Schreibmaschine durch den Südtiroler P. Mitterhofer (1822-93) rechnen. Ihm selbst jedoch blieb eine wirtschaftliche Verwertung seiner Erfindung versagt. Ein vergleichbares Schicksal erlitt etwas früher J. Madersperger (1768-1850), der Erfinder der Nähmaschine.

Aus dem Instrumenten- und Automatenbau entwickelte sich der Bau von Rechenmaschinen. Ein sehr frühes Beispiel einer Sprossenradrechenmaschine (1766) stammt von A. Braun dem Jüngeren (1708-76). Für die Auswertung der Volkszählung 1890 verwendete man in Wien bereits eine von O. Schäffler (1838-1928) erfundene Lochkartenmaschine. In der Zwischenkriegszeit setzte Gustav Tauschek (1899-1945) diese Tradition fort und erlangte 168 Patente für die Konstruktion vollautomatischer Buchungs- und Rechenmaschinen. In Wien baute schließlich 1954-59 H. Zemanek (* 1920) den ersten Computer in Österreich, das "Mailüfterl".

Erfordernisse der militärischen Rüstung sind oft Auslöser für technische Erfindungen. 1865 erfanden K. Holub (1830-1903) und J. Werndl (1831-89) gemeinsam das Hinterladergewehr. Das auch bei Werndl in Steyr produzierte Repetiergewehr (Mehrladergewehr) ist eine Erfindung von F. Mannlicher (1848-1904) aus 1882. Auf G. Burstyn (1879-1945) geht die Konstruktion eines geländegängigen Panzerwagens mit drehbarem Geschützturm (Tank) zurück, und J. M. Boykow (1878-1935) erfand 1914 ein selbsttätiges Bombenabwurfgerät und den Autopiloten zur automatischen Steuerung von Flugzeugen. F. von Uchatius (1811-81) war Leiter der Geschützgießereien des Wiener Arsenals und wurde 1874 durch die Erfindung der Stahlbronze für den Geschützguss bekannt.



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Erste, aus Holz gefertigte Schreibmaschine, Modell "1864 Wien", von P. Mitterhofer (Technisches Museum, Wien).




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Kaplan-Turbine (Technisches Museum, Wien).



Literatur: E. Attlmayr, Tiroler Pioniere der Technik, 1968; M. Habacher, Österreichische Erfinder, 1964; E. Kurzel-Runtscheiner, Erfindungen aus Österreich, 1950; Österreichische Naturforscher und Techniker, 1950 und 1957; Triumphe der Technik, Pionierleistungen österreichischer Erfinder, 1963.


Verweise auf andere Alben:
Video-Album: AVL-LIST: Herstellung von Verbrennungsmotoren.

 
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