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EntnazifizierungEntnazifizierung: Nach der militärischen Kapitulation des Deutschen Reichs 1945 stand Österreich vor dem Problem, wie es mit den ehemaligen Nationalsozialisten (Nationalsozialismus) umgehen sollte. Am 8. 5. 1945 erließ die Provisorische Staatsregierung ein Gesetz, das die NSDAP und alle ihr angeschlossenen Organisationen verbot (Verbots- und Kriegsverbrechergesetz). Alle Personen, die zwischen 1. 7. 1933 und 27. 4. 1945 Mitglied der NSDAP oder eines ihrer Verbände (SS, SA, NSKK, NSFK und anderer) waren, mussten sich registrieren lassen und waren vom Wahlrecht bei den Nationalratswahlen 1945 ausgeschlossen. 1946 beschloss der Nationalrat das Nationalsozialistengesetz, das die registrierten 524.000 Nationalsozialisten in Kriegsverbrecher, Belastete und Minderbelastete ("Mitläufer") einteilte. Volksgerichte verhängten 43 Todesurteile und Freiheitsstrafen im Ausmaß von insgesamt 30.000 Jahren über leitende NS-Funktionäre. Die zirka 480.000 Minderbelasteten (1947) hatten unter anderem Sühneabgaben zu leisten; 170.000 Personen wurden - zum Teil nur vorübergehend - aus dem öffentlichen Dienst und privaten Unternehmen entlassen. ÖVP und SPÖ versuchten schon früh, bei den alliierten Besatzungsmächten (Besatzung 1945-55) eine Lockerung der Bestimmungen für die Mitläufer zu erreichen, die oft nur aus Sorge um die Existenz oder durch politische Verführung zu Nationalsozialisten geworden waren. Kritik richtete sich darüber hinaus insbesonders gegen den Entzug von Fachkräften für den wirtschaftlichen Wiederaufbau und die Verhinderung der unumgänglichen politischen Reintegration der ehemaligen Nationalsozialisten. 1948 verabschiedete der Nationalrat schließlich eine Amnestie für die Minderbelasteten, die damit bei den Nationalratswahlen 1949 wieder stimmberechtigt waren. Zugleich ermöglichte man die Kandidatur des Verbandes der Unabhängigen (VdU), der vehement gegen das Nationalsozialismusgesetz auftrat und sich in der Folge zum Sammelbecken des nationalen Lagers entwickelte. Viele Belastete wurden in den Folgejahren durch den Bundespräsidenten begnadigt; 1957 erfolgte die generelle Amnestie. Literatur: D. Stiefel, Entnazifizierung in Österreich, 1981.
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