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Antisemitismus


Antisemitismus, Feindschaft gegen Juden. In der österreichischen Geschichte hat der Antisemitismus eine lange Tradition. Schon Ende des 13. Jahrhunderts wird von Ausschreitungen gegen Juden berichtet, 1420/21 kam es unter Herzog Albrecht V. zu einer großen Ausweisung und Verbrennung von Juden aus Wien. Unter Ferdinand I. wurde 1551 Juden das Tragen eines gelben Rings auf der Kleidung befohlen. 1670 vertrieb Leopold I. alle Juden aus Niederösterreich, das Wiener Ghetto wurde aufgelöst, die Leopoldstadt entstand, aber bald kamen wieder Mitglieder reicher jüdischer Familien nach Wien. Eine Phase der Toleranz erlebten Juden unter Joseph II. (Toleranzpatent), gleichzeitig setzte eine starke Zuwanderung aus Böhmen, Mähren und Galizien nach Wien ein. Die Zeit des Liberalismus ermöglichte Juden freie Entfaltung. Nach 1867 konnten sie in freien Berufen, als Ärzte, Rechtsanwälte, in Presse, Literatur, Kunst, Handel, Bankwesen und Industrie, aber auch an den Universitäten wirken. Als Reaktion darauf entstand in weiten Kreisen der Bevölkerung ein wirtschaftlicher Antisemitismus, den verschiedene Richtungen politisch nützten. Während die Christlichsozialen unter K. Lueger seit zirka 1885 vorwiegend die wirtschaftlichen Probleme hervorhoben, vertrat G. Ritter von Schönerer zur gleichen Zeit einen Rassenantisemitismus, dessen Ziel die völlige Ausschaltung der Juden war. Beide Formen fanden viele Anhänger, jedoch war 1897-1914 zumindest ein Rückgang des Antisemitismus zu verzeichnen. Bei den Sozialdemokraten waren Juden in führenden Positionen tätig, ebenso bei manchen liberalen Gruppierungen. Während des 1. Weltkriegs fand ein weiterer starker Zustrom von Juden aus Galizien nach Wien statt, wodurch sich der Antisemitismus in Wien, vor allem an den Universitäten und unter Akademikern, beträchtlich verstärkte. Bis 1938 konnte er sich in den meisten politischen Gruppierungen entfalten, insbesondere auch in der Christlichsozialen Partei, wo er nun ebenfalls rassistische Formen annahm. Trotz zahlreicher jüdischer Persönlichkeiten in der Parteiführung war er auch in Kreisen der Sozialdemokraten vorhanden; er lebte in verschiedenen Formen bei den Großdeutschen fort und wurde besonders von den Nationalsozialisten propagandistisch benutzt. Nach dem nationalsozialistischen Herrschaftsantritt erfolgte ab 1938 eine planmäßige Verfolgung der Juden, die zunächst zu einer starken Auswanderungsbewegung in die USA und nach Palästina führte, später die systematische Vernichtung der Juden. 1938 lebten in Österreich 185.250 Juden, im September 1939 noch 66.000, 1947 nur noch 8552. Nach 1945 wurde der Antisemitismus in der Öffentlichkeit bekämpft. Wie stark er dennoch latent in der Bevölkerung vorhanden ist, kann nur durch Meinungsumfragen ermittelt werden. Wiederholt kam es auch in der 2. Republik zu antisemitischen Ausschreitungen (Friedhofsschändungen und Ähnliches).


Literatur: B. F. Pauley, Eine Geschichte des österreichischen Antisemitismus, 1993 (englisch 1992); A. Rotter, Der Antisemitismus der Christlichsozialen in Österreich, Diplomarbeit, Wien 1994.


 
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