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Josef (Matthias) Hauer Zwölftonspiel vom 19. Februar 1953
Josef (Matthias) Hauer

Gedanken zum Zwölftonspiel

Josef Matthias Hauer schuf an die tausend Zwölftonspiele. Die Zwölftonspiele haben ihre definitive Gestalt im Jahre 1940 erreicht, als Hauer sein erstes Zwölftonspiel mit den endgültig festgelegten monodischen Spielregeln schrieb. Der Hauer-Schüler Nikolaus Fheodoroff charakterisiert das Zwölftonspiel als Typus wie folgt:

"Es entfaltet in organischer Weise eine Zwölftonreihe in harmonischer, melodischer und rhythmischer Hinsicht. Sein eigentümlich statischer Charakter, der den Eindruck seines tönenden Kontinuums erweckt, erfordert vom Hörer die Bereitschaft zu einer meditativen Versenkung, vom Spieler den Verzicht auf brillierendes Virtuosentum, vom Komponisten Unterordnung des individuellen Gestaltungstriebes unter die strengen Gesetze der musikalischen Grammatik."
Aus dem Vorwort der „Drei Zwölftonspiele für Spielmusikgruppen“, Wien 1969.

Hauer selbst meint zum Zwölftonspiel:
"Zwölftonmusik ist keine Kunst im klassischen, romantischen, modernen Sinne, sondern ein kosmisches Spiel mit den12 temperierten Halbtönen."

Erklärlich wird Hauers Haltung aus seinem Denken, das altchinesische Gedanken aufgreift: Bei Lao-Tse im „Tao Tê  King“ heißt es:

Das Tun sei Nicht-Tun,
Das Geschäft sei Nicht-Geschäft,
Der Genuß sei Nicht-Genuß,
Das Große sei Kleines,
das Viele sei Weniges.

Das Hauersche „Nicht Komponieren“ verwirklicht diese Gedanken auf dem Gebiet der Musik. Anstelle des musikalischen Einfalls setzt er die Spielregel. Ein solcherart konzipiertes Werk nennt er Zwölftonspiel.

„Ein Zwölftonspiel will keine musikalische Komposition im Sinne eines Kunstwerkes sein, sondern ein geordnetes, ästhetisch schönes und Ruhe ausstrahlendes Spiel mit zwölf Tönen, das zum Erklingen gebracht wird. Es ist am ehesten mit einem Kaleidoskop zu vergleichen, das mit seinen vielen Ornamenten das Auge zu erfreuen vermag, ohne daß auch nur eines der Ornamente künstlerisch gestaltet worden wäre. Läßt man ein Zwölftonspiel halbleise erklingen, dann werden die Gedanken bald zu schweifen beginnen, und es macht gar nichts aus, wenn man jenen tönenden „background“ nach wenigen Minuten nicht mehr bewußt wahrnimmt (wie man ja auch das Ticken einer Uhr zu überhören pflegt); im Gegenteil: das stille Tönen ist deshalb so unpersönlich und unkünstlerisch gehalten, damit man vom Meditieren nicht etwa durch reizvolle Melodien, Rhythmen etc. abgelenkt wird.“ 
Aus dem Unterrichtswerk „Kreatives Spielen mit Tönen“ von Johann Sengstschmid, Bosse-Verlag, Regensburg 1976).

Johann Sengstschmid sieht im Hauerschen Denken einen Ansatzpunkt für die Musikpädagogik und setzte diesen mit großem Einsatz und Erfolg in Gymnasialklassen in die Praxis um.

"Das Zwölftonspiel ist von jedem und für jeden halbwegs Musikalischen erlernbar, ähnlich wie das Schachspiel, und wird sich wie dieses „spielend“ verbreiten. Es kommt nur darauf an, ob die „Komponisten“ es zuerst in die Hand nehmen wollen, damit es von ihnen ausgeht, oder ob sie warten wollen, bis es ihnen von den Kindern gezeigt wird."
(Manifest Hauers, geschrieben auf der letzten Innenseite des Zwölftonspiels für Orchester vom 28. August 1940.)


Entstehung eines Zwölftonspiels 

Weiterführende Informationen:
Kreative Musikerziehung nach J. M. Hauer
Steinbauer: Josef Matthias Hauers Zwölftonspiel
Johann Sengstschmid

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