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Lehr- und Versuchsanstalten, höhere - Leitgeb, Josef (2/25)
Lehr- und Versuchsanstalten, höhere Leibesübungen

Leibeigenschaft


Leibeigenschaft, im Hochmittelalter entstandener Begriff für eine von der spätrömischen Sklaverei abweichende Form persönlicher Abhängigkeit, die in der Regel persönliche Rechts- und beschränkte Eigentumsfähigkeit einschloss. Leibeigenschaft konnte durch Unterwerfung, Raub, Kauf, erbliche Übernahme des Rechtsstatus (bei Heirat von rechtsungleichen Partnern nach dem Prinzip der "ärgeren Hand" bzw. nach der leibeigenen Mutter) entstehen. In der Zeit der Karolinger und Ottonen arbeiteten behauste Unfreie ("servi casati") zur eigenen Reproduktion, leisteten aber auch Arbeiten und Abgaben an die "villa" ihres Herrn. "Servi manentes" waren (meist jugendliche, unverheiratete) Knechte und Mägde an den großen Herrenhöfen. Unfreie Frauen arbeiteten auch in großen Werkstätten ("Gynäzeen"). Im Hochmittelalter nannte man Menschen in diesem Rechtsstatus "proprii" (Eigenleute). Aus dem Reservoir der bäuerlichen Eigenleute rekrutierte sich im Zuge der hochmittelalterlichen Expansion und Kolonisation die abhängige Bauernschaft. Aus den Unfreien für besondere Dienste (Verwaltung, Heerwesen) bildete sich die innerhalb der jeweiligen "familia" eines Herrn eigene Gruppe der "Ministerialen", eine waffenfähige Gefolgschaft, aus der zum großen Teil der Adel des Spätmittelalters hervorging. Zahlreiche Leibeigene wurden vom 11. bis zum 13. Jahrhundert freigelassen und dabei zu einem bestimmten Zins für einen geistlichen Herrn bestimmt ("Zensualen"); diese freizügigen Leute sollen für die Entstehung des städtischen Elements Bedeutung erlangt haben. Im 13. Jahrhundert verschwimmen im bäuerlichen Bereich die Unterschiede zwischen freien Leuten, Eigenleuten (Leibeigenen) und Zensualen; nur in gewissen ungünstigen Leiheformen (Freistift) könnte sich die ehedem strenge Abhängigkeit der Leibeigenschaft fortgesetzt haben. Leibeigenschaft als Rechtsform persönlicher Abhängigkeit begegnet im österreichischen Raum später nur noch als Strafmaßnahme nach der Niederschlagung von Bauernaufständen. In Bayern und Südwestdeutschland hat sich Leibeigenschaft als verdinglichte Form von Abhängigkeit bis in das 18. Jahrhundert erhalten. Umgangssprachlich und in bestimmten wissenschaftlichen Interpretationen wird die verschärfte bäuerliche Abhängigkeit seit dem 16. Jahrhundert insbesonders in den ostelbischen Gebieten und in Polen, Böhmen und Ungarn "2. Leibeigenschaft" genannt, insofern korrekt, als Joseph II. bei der Umformung jener Abhängigkeit in eine gemäßigte Erbuntertänigkeit nach österreichischem Muster durch das "Leibeigenschaftsaufhebungspatent" für die böhmischen Länder vom 1. 9. 1781 von "Leibeigenschaft" gesprochen hat. Seither wird, wie auch das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch 1811 festhält, in Österreich eine Leibeigenschaft nicht mehr gestattet.


Literatur: E. Bruckmüller, Sozialgeschichte Österreichs, 1985.


 
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