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Böhlau - Böhmisches Massiv (22/25)
Böhmdorfer, Dieter Böhm-Ermolli, Eduard

Böhmen


Böhmen, bis 1918 Kronland (Königreich) der österreichisch-ungarischen Monarchie mit 51.948 km2 (1910) und 6.774.309 Einwohner, davon 62,9 % Tschechen, 37,1 % Deutschsprachige; wichtiges Agrar- und Industrieland der Monarchie (Erzeugung von Textilien, Glas, Eisen, Lebensmitteln). Der Landtag von Böhmen bestand aus 242 Mitgliedern, in das Abgeordnetenhaus nach Wien entsandte Böhmen (1900) 110 Mitglieder.

Der Name kommt von den keltischen Boiern, die das Land bereits um 60 v. Chr. räumten. Im 9./10. Jahrhundert gewann der um Prag siedelnde Stamm der Tschechen die Führung und gab später dem Land den Namen (Tschechien), die Herrschaft lag bei den Přemysliden. Herzog Wenzel († 935) wurde als Heiliger verehrt und Landespatron. Böhmen wurde im 11. Jahrhundert Teil des deutschen Reichs, seit 1114 hatte der Herzog ein Reichserzamt (seit dem 13. Jahrhundert die Kurfürstenwürde) inne. Bereits im 11. Jahrhundert siedelten viele Deutschsprachige in Böhmen, im 13. Jahrhundert wanderten deutsche Bürger, Handwerker und Bauern in die Städte und Randgebiete ein. Seit 1182 gehörte auch die Markgrafschaft Mähren zu Böhmen. 1198 erhielten die Herzöge von Böhmen endgültig den Königsrang, Přzemysl Ottokar II. dehnte seine Herrschaft von Schlesien bis zur Adria aus, unterlag aber 1278 gegen Rudolf I. von Habsburg. Nach dem Aussterben der Přzemysliden 1306 wurden die Luxemburger Könige von Böhmen (bis 1437). Unter ihrer Herrschaft wurden Schlesien und die Lausitz Teile von Böhmen. Unter Karl IV. erlebte Prag einen kulturellen Höhepunkt (1344 Erzbistum, 1348 Universität, Veitsdom). 1419-33 überzog die nationale Bewegung der Hussiten das Land, das schwer verwüstet wurde. Nach der Herrschaft von Georg von Podiebrad stellten die polnischen Jagellonen 1471-1526 die Könige. Ihnen folgte der Habsburger Ferdinand I., der Böhmen 1547 zum Erbreich erklärte. Kaiser Rudolf II. (1576-1612) regierte von Prag aus das Heilige Römische Reich. 1618 begann mit dem Prager Fenstersturz der Dreißigjährige Krieg, nach der Schlacht am Weißen Berg 1620 erfolgte eine Auswechslung der Führungsschicht, und mit der Landesordnung von 1627 wurde der Absolutismus eingeführt, der eine langandauernde antihabsburgische Haltung der Tschechen zur Folge hatte.

Im 18. Jahrhundert erlebte Böhmen eine kulturelle Blütezeit mit vielen aufwendigen Bauten bei gleichzeitiger schlechter sozialer Lage der unteren Volksschichten; durch seine zentraleuropäische Lage war das Land vor allem durch den österreichisch-preußischen Antagonismus einer ständigen Bedrohung ausgesetzt. Joseph II. hob 1781 die Leibeigenschaft auf, mit der Romantik erlebte das tschechische Nationalbewusstsein eine Renaissance, das sich im 19. Jahrhundert steigerte und zu einem starken Gegensatz zur deutschsprachigen Bevölkerung führte. Die nationalen Konflikte brachten die Trennung vieler Einrichtungen (1864-68 Großbanken, 1869 Technischen Hochschule, 1882 Universität in Prag), ab 1867 boykottierten die Tschechen den böhmischen Landtag (bis 1874/78) und den Reichsrat (bis 1879), ab 1897 verschärfte sich der Nationalitätenkonflikt erheblich, es erfolgte die Abwendung von der österreichisch-ungarischen Monarchie. Während des 1. Weltkriegs wurde über Böhmen der Ausnahmezustand verhängt, beträchtliche Truppenkörper desertierten, in den USA bildete T. G. Masaryk eine Exilregierung. Am 28. 10. 1918 wurde die Tschechoslowakische Republik (ČSR) ausgerufen.


Literatur: K. Bosl (Hg.), Handbuch der Geschichte der böhmischen Länder, 4 Bände, 1967-74; Biographisches Lexikon der böhmischen Länder, 1986ff.; F. Prinz (Hg.), Deutsche Geschichte im Osten Europas, Böhmen und Mähren, 1993.


 
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